Umbaupläne konkretisiert
Sanofi steigt aus der Diabetesforschung aus
Seit langem steht der französische Pharmakonzern unter Preisdruck bei seiner Diabetessparte. Nun will er sich auf Krebsmedikamente konzentrieren.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Paris/Frankfurt. Sanofi soll sich künftig auf lukrative Krebstherapien konzentrieren und sich aus der Forschung bei Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückziehen – so hatte es CEO Paul Hudson am Montagabend in Paris angekündigt.
Der Umbau dürfte die Mitarbeiter in Deutschland besonders treffen. Vor allem der Firmensitz Frankfurt werde leiden, fürchten Gewerkschafter. „Ein Ausstieg aus der Diabetesforschung wird sicher nachhaltige Folgen für den Standort in Frankfurt-Höchst haben“, sagte Volker Weber, Landesbezirksleiter der IG BCE Hessen-Thüringen.
Widerstand angekündigt
Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Sanofi Deutschland versprach „schwere Verhandlungen und Widerstand“ gegen die Vorgaben aus der Konzernzentrale. Das Diabetes-Geschäft mit dem Insulin Lantus ist das Herz des Standorts Frankfurts, wo 80 Prozent der deutschen Sanofi-Beschäftigten arbeiten.
Ein Rückzug aus der Forschung dürfte langfristig auch nicht spurenlos an der Produktion vorbeigehen. Neben Frankfurt hat Sanofi hierzulande auch Standorte in Berlin, Köln und Neu-Isenburg mit einem Jahresumsatz von zusammen 4,8 Milliarden Euro.
Hudson versprach in „klarere Prioritäten und einen Fokus auf das Abliefern von Ergebnissen“. Der Ausstieg aus den wenig lukrativen Geschäften soll Sanofi bis 2022 Ersparnisse von zwei Milliarden Euro bringen und die Effizienz steigern.
Der Konzern mit weltweit gut 100 000 Beschäftigten kündigte zudem an, den Onkologikaspezialisten Synthorx für 2,5 Milliarden US-Dollar (2,26 Mrd. Euro) zu kaufen. Das soll Sanofi bei viel versprechenden Arzneien stärken, die das körpereigene Abwehrsystem gegen Krebszellen aktivieren.
Sanofi geht den Weg, den viele andere Pharmakonzerne auf der Suche nach neuen Einnahmequellen beschreiten: Geschäfte mit Konkurrenz von Generika werden nach dem Ablauf von Patenten eingedampft oder abgestoßen, über Zukäufe sollen neue Wachstumsgeschichten an Bord. Die eigene Zukunft sehen die Franzosen neben Krebsarzneien auch bei Impfstoffen, Bluterkrankungen und Hautkrankheiten.
Für Beschäftigte in Deutschland heißt das nichts Gutes
Für Sanofi Deutschland und vor allem Frankfurt sind das schlechte Nachrichten. 7250 von rund 9000 Beschäftigten der Landesgesellschaft arbeiten am Main. Für seinen Kassenschlager, das in Frankfurt-Höchst produzierte Insulin Lantus, hat Sanofi den Patentschutz verloren und kämpft in den USA mit sinkenden Marktanteilen.
Das Insulin-Geschäft - lange eine Domäne der Franzosen - ist längst keine sichere Bank mehr. Sanofi hat daher schon 320 Jobs in Frankfurt Höchst gestrichen.
Frankfurt-Höchst ist der größte integrierte Produktionsstandort von Sanofi weltweit und an der Wertschöpfung vieler Arzneien beteiligt.In den vergangenen zwölf Monaten sei der Umsatz im Bereich Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 11 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro gefallen, sagte Hudson am Dienstag in einer Telefonkonferenz.
Gewerkschafter Weber zeigte sich empört über die Ankündigung von Hudson, der seit September im Amt ist. Erst vor zehn Tagen habe die jüngste Aufsichtsratssitzung von Sanofi Deutschland stattgefunden. „Dort war keine Rede von einem so grundlegenden Strategiewechsel, der besonders den Standort Hessen betrifft“, kritisierte Weber.
Nun gehe Hudson in die Öffentlichkeit, ohne die Arbeitnehmer einzubeziehen. Diese „Brüskierung“ werde nicht folgenlos bleiben.
Sanofi Deutschland erklärte, die Umbaupläne auch für Frankfurt würden erst in den kommenden Monaten erarbeitet. Die Pläne aus Paris beträfen nur die Forschung, in der 1300 Menschen in Frankfurt in mehreren Arznei-Bereichen und nicht nur Diabetes arbeiteten, betonte eine Sprecherin.
Sanofi hat im deutschen Forschungshub die hauseigene Forschung und die externer Partner gebündelt, vor allem für Diabetes, Stoffwechselerkrankungen und chronisch entzündliche Erkrankungen. (dpa)