Ein Arzt berichtet
So gut klappt das Corona-Impfen in der Hausarztpraxis
Dr. Fabian Holbe ist einer von wenigen Hausärzten, die in ihrer Arztpraxis schon Impfungen gegen COVID-19 durchführen – als Teilnehmer eines Pionierprojekts. Nun schildert er seine Erfahrungen und Lehren aus der Praxis.
Veröffentlicht:Neuburg. Im zweiten Quartal sollen Patienten in den Hausarztpraxen gegen COVID-19 geimpft werden können. Diesen bundesweiten Plänen ist man im Kreis Nordwestmecklenburg deutlich voraus. Seit der dritten Kalenderwoche impfen dort Hausärzte in acht Praxen Patienten im Auftrag des Kreisgesundheitsamtes – als Außenstellen der Impfzentren in Wismar und Grevesmühlen.
Mittwochnachmittags öffnet die hausärztliche Gemeinschaftspraxis in Neuburg nur für eine ganz besondere Art von Terminpatienten: Für impfberechtigte Menschen, die vom Land eine Einladung zum Corona-Impfen bekommen haben. Sie gehören zu den bislang rund 400 Menschen im Kreis Nordwestmecklenburg, die schon in einer Arztpraxis geimpft wurden.
Pilotprojekt des Kreises
In Neuburg werden sie von Dr. Fabian Holbe geimpft, der das Pionierprojekt initiiert hat. Neben Holbes Gemeinschaftspraxis gibt es im Kreis noch sieben weitere Praxen, die schon gegen COVID-19 impfen. Sie alle öffnen gezielt außerhalb ihrer sonstigen Öffnungszeiten, um die Impfberechtigten nicht mit kranken Menschen zu vermischen.
Wer in den Praxen eine Impfung bekommt, muss nicht Patient der Praxis sein – die Ärzte haben keinen Einfluss darauf, wer wann einen Termin bekommt. Die Trennung macht auch deutlich, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nichts mit dem Pilotprojekt im Auftrag des Kreises zu tun hat. Auch die Bezahlung für diese Impfung ist über einen separaten Honorarvertrag mit dem Kreisgesundheitsamt geregelt.
Die Anregung zum Pilotprojekt trug Holbe dem Kreis vor, der sich sofort aufgeschlossen zeigte. „Wir haben die Expertise, uns vertrauen die Patienten, und mit dem Impfen in den Praxen sparen sich die Menschen weite Wege“, fasst Holbe im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ die Vorteile des Pilotprojektes zusammen.
Bis einschließlich 3. Februar haben in seiner Praxis 78 Menschen die begehrte Impfung erhalten. Damit das funktioniert, wird die Praxis mittwochmorgens aus dem Zentrallager mit dem Impfstoff beliefert. Parallel soll Holbe ab 5. Februar von der Zentrale mitgeteilt werden, welche Menschen an diesem Tag die Impfung erhalten sollen.
Kühlung noch kein Problem
Bislang wird ausschließlich mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty® von BioNTech/Pfizer geimpft. Der muss im Zentrallager zwar kälter als minus 70 Grad gehalten werden, in der Praxis aber ist diese Kühlung nicht erforderlich. Der Impfstoff wird im herkömmlichen Kühlschrank der Praxis bei einer Temperatur zwischen zwei und acht Grad deponiert.
So könnte er fünf Tage lang in der Praxis bleiben, wird aber bislang noch am gleichen Tag verabreicht. Wenn er mit Kochsalzlösung aufgezogen ist, hat die Praxis noch sechs Stunden Zeit.
„Die Kühlung ist überhaupt kein Problem“, sagt Holbe. Eine Herausforderung mit der Impfstofflagerung sieht er erst dann auf die Praxen zukommen, wenn viele Menschen geimpft werden können und auch die entsprechenden Mengen an Impfstoff vorhanden sind. „Das wird dann eine Frage der On-Demand-Lieferung. Mit anderen Impfstoffen, die man auf Halde deponieren könnte, wäre das leichter“, so Halbe.
Erste Erfahrungen und Lehren
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Impfen zeigen für ihn:
- Die Vorbereitung benötigt Zeit – mehr als die für die meisten sonstigen Impfungen. Holbe nennt rund 25 Minuten für die Vorbereitung von vier Ampullen.
- Auch impferfahrene Praxisteams sollten geschult sein. „Man muss zumindest vorher einmal gesehen haben, wie dieser Impfstoff aufgezogen wird“, sagt Holbe. Grund: Wenn aus den vom Hersteller gelieferten Ampullen sechs Impfdosen aufgezogen werden sollen, muss sehr genau abgemessen werden. Holbe empfiehlt 1-Milliliter-Spritzen mit exakter 0,1 ml-Skalierung: „Das macht es leichter, die geforderten 0,3 ml aufzuziehen.“
- Die Nachbeobachtung hat bislang ergeben, dass in aller Regel lokale Reaktionen auftreten, die die Patienten als „nicht unerheblich“ empfinden, zum Beispiel Druckstellen oder Hautrötungen. Holbe rät deshalb, die Patienten auf diese Reaktionen im Aufklärungsgespräch vorzubereiten.
„Es geht nur mit den Arztpraxen“
Holbe, der selbst impft und dafür auch in Pflegeheimen unterwegs ist, hofft auf eine Ausweitung des Pilotprojektes. „Wenn wir eine Impfquote von mindestens 70 Prozent erreichen wollen, geht es nur mit den Arztpraxen“, sagt er. In seinem Kreis stehen zwei weitere Hausarztpraxen bereit, die sich beteiligen möchten.
Landrätin Kerstin Weiss (SPD) spricht von einem „guten Testlauf für den Zeitpunkt, wenn Impfstoff in größeren Mengen verfügbar ist.“ Gerade für ihren ländlich geprägten Kreis passt das Konzept.
„Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sollte der Weg zum Impfen möglichst flächendeckend nicht weiter als 15 Kilometer sein“, teilte die Kreisverwaltung mit – ein Ziel, das ohne die Hausärzte nicht erreicht werden kann.