Psychotherapie

SpiFa fordert Aufspaltung des KV-Systems

Der Spitzenverband der Fachärzte prescht mit einem ungewöhnlichen Vorschlag zur Psychotherapeutenausbildung vor. Bei den Psychotherapeuten herrschte am Donnerstag vor allem Kopfschütteln.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Gemeinsam oder getrennt? Diese Frage wirft jetzt der Spitzenverband Fachärzte jetzt mit Blick auf die Verkammerung von Ärzten und Psychotherapeuten auf.

Gemeinsam oder getrennt? Diese Frage wirft jetzt der Spitzenverband Fachärzte jetzt mit Blick auf die Verkammerung von Ärzten und Psychotherapeuten auf.

© Jiri Moucka / panthermedia.net

BERLIN. Die Verbändeanhörung zur Reform der Psychotherapeutenausbildung am kommenden Montag hat bereits im Vorfeld Wellen geschlagen.

Der Vorsitzende des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa) , Dr. Dirk Heinrich, hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag aufgefordert, alle Konsequenzen aus der geplanten Reform zu ziehen. Wenn mit dem Gesetz ein „neuer approbierter psychologischer Heilberuf und die Basis für ein neues psychologisches Versorgungssystem neben und in Teilen konkurrierend mit dem ärztlich-medizinischen Versorgungssystem“ geschaffen werden solle, solle der Gesetzgeber dies konsequent tun. Dann müssten in allen Bundesländern auch „Kassenpsychologische Vereinigungen“ sowie auf Bundesebene eine „Kassenpsychologische Bundesvereinigung“ errichtet werden, so Heinrich weiter.

„Es wird überhaupt kein neuer Heilberuf geschaffen“, sagte dazu Benedikt Waldherr, Vorsitzender des Berufsverbands der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) am Donnerstag der „Ärzte Zeitung“. Eine Integration der Berufe habe vor 20 Jahren mit dem Psychotherapeutengesetz stattgefunden. Eigene Vereinigungen für die Psychotherapeuten zu fordern, sei nicht seriös.

Haltlose Behauptung

Die Behauptung, es entstehe ein neuer akademischer Heilberuf, sei haltlos, sagte auch Peter Andreas Staub, dritter Vorstand bei der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz. Die Polemik des SpiFa sei insofern nicht zu verstehen.

Das sieht man in der Bundespsychotherapeutenkammer ebenso. Ärzte und Psychotherapeuten seien aufeinander angewiesen und müssten ohnehin zusammenarbeiten, auch im ambulanten Bereich. Dass hier ein Spaltpilz gestreut werde, sei nicht nachzuvollziehen.

Einen Keil zwischen ärztliche und psychologische Psychotherapeuten treiben zu wollen, sei nicht hilfreich, sagte Barbara Lubisch, Vorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) am Donnerstag der „Ärzte Zeitung“. Die Kooperation der Berufsgruppen habe sich positiv entwickelt.

Der am 3. Januar vorgelegte Entwurf aus dem Gesundheitsministerium stößt gleichwohl auf Kritik in der Ärzteschaft. Befürchtet wird unter anderem , dass auf der Ebene der Psychotherapeuten eine Art „Arzt light“ entstehen könnte.

So hat die Bundesärztekammer (BÄK) vorgebracht, dass die Psychologischen Psychotherapeuten das Versorgungsangebot zwar sinnvoll ergänzten, die ganzheitliche Diagnose und Therapie aber nicht ersetzen könnten. Sauer auf stößt den Vertragsärzten, dass die Haus- und Fachärzte über die Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) künftig die Weiterbildung der Psychotherapeuten möglicherweise mitfinanzieren sollen. Hierüber herrscht allerdings noch keine letzte Klarheit. Die Kammern und Verbände der Psychotherapeuten haben in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass umgekehrt die Psychotherapeuten die Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses schon seit jeher mittrügen.

Die KBV wollte die Äußerungen des SpiFa am Donnerstag nicht kommentieren.

SpiFa will Druck aus Kessel nehmen

Der SpiFa fordert zudem, „Zeitdruck aus dem Verfahren“ zu nehmen. Die Ärzteschaft solle Gelegenheit erhalten, sich vom 28. bis 31. Mai auf dem 122. Deutschen Ärztetag 2019 in Münster mit „den sehr weit gehenden Veränderungen des Versorgungssystems zu beschäftigen“, hieß es in einer Pressemitteilung.

Ein Moratorium sei „kein prickelnder Gedanke“, sagte Waldherr. Nach zwölfjährigem Ringen um eine gesetzliche Regelung sei ein weiterer Aufschub nicht mehr nötig. Im Grundsatz halten die Verbände und Kammern den Gesetzentwurf für gelungen. Man hoffe auf einen baldigen Regierungsentwurf. Barbara Lubisch forderte den SpiFa auf, zu Dialog und und Kooperation zurückzukehren.Auch die Pläne, die Berufsgruppe perspektivisch mit der Erlaubnis, Psychophamaka zu verordnen, stoßen auf Widerstand.

Dass die Psychologischen Psychotherapeuten über Modellstudiengänge auch an das Verordnung von Psychopharmaka herangeführt werden sollen, gilt bei Ärzteverbänden und der Bundesärztekammer als Gefährdung der Patientensicherheit. Den Modellstudiengang Psychopharmakologie lehnen allerdings auch die derzeit aktiven Psychologischen Psychotherapeuten ab. „Das ist in dem dafür vorgesehenen Umfang des Studiums nicht leistbar, sagte Benedikt Waldherr, Vorsitzender des Bundesverbands der Vertragspsychotherapeuten (bvvp).

Psychotherapeuten: Das soll sich ändern

  • Fünf Jahre Studium: Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sollen ein 10-semestriges Studium mit anschließender Approbation absolvieren.
  • Weiterbildung: Sie soll künftig vergleichbar den Medizinern erfolgen und bezahlt werden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Nicht noch mehr Institutionen!

Wir haben diesen Beitrag aktualisiert am 31.1.2019 um 17 Uhr.

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Kommentare
Dr. Heiner Heister 01.02.201908:58 Uhr

Der Spaltpilz manifestiert sich von Beginn an in der falschen Floskel "Ärzte und Psychotherapeuten".

Denn das sind keine getrennten Entitäten.
Dennoch plappern opportunistische KV-Funktionäre und deren Entourage das nach.
Herr Heinrich und der SpiFa legen mutig den Finger auf den wunden Punkt, dass die sogenannte Integration längst zu einer klandestinen feindlichen Übernahme verkommen ist.
Diese manifestiert sich in dem berufspolitisch durchtränkten Gesetzesentwurf, der bei seriöser Betrachtung das Haus Spahn nie hätte verlassen dürfen.
So wird die Psychotherapie, die strategisch schon länger von den PP denaturiert und inflationiert wird aus der Medizin herausgelöst und in die Hände der akademischen Psychologie gespielt.
Am Ende werden alle Beteiligten mitsamt der qualifizierten Psychotherapie beschädigt sein.
Wer, wie gestern Herr van den Bergh in einem Kommentar, dem SpiFa mangelndes Denkvermögen vorwirft, sollte sich besinnen.
Haben Sie es nicht ein bischen kleiner, Herr van den Bergh?

Dipl.-Psych. Götz Braun 31.01.201917:36 Uhr

Ist doch nur konsequent

Ohne den Inhalt der neuen Ausbildungsrichtlinie im Detail zu kennen, muss man doch festhalten, dass eine eigene Kassenpsychotherapeutische Vereinigung tatsächlich einiges geraderücken würde, was seit 2000 als Schieflage die Welt der Psychotherapie schräg macht.
Da ist allem voran die Honorierung, die bei adäquater Berechnungsgrundlage zu einem Stundensatz von 240€/Std. Patientenkontakt führen würde.
Da ist aber auch eine inhaltliche Weiterentwicklung des Berufes des Psychotherapeuten seit langem überfällig. Wenn Psychologische Psychotherapeuten nach dieser Ausbildung auf Medikamente verordnen dürfen, so muss die Ausbildung natürlich die Kompetenz dafür vermitteln.
Aber darum geht es ja überhaupt nicht. Seit Jahren entwickelt sich die Situation um die psychotherapeutische Versorgung rückwärts. Der Beruf des Psychotherapeuten wird systematisch wirtschaftlich uninteressanter. Welcher Arzt ergreift noch diesen Beruf?
Dass jetzt bvvp und DPTV sowie die Kammer den Vorschlag ablehnen, verwundert schon sehr. Haben doch diese drei "Verantwortliche" maßgeblich Schuld daran, dass die wirtschaftliche Lage der Psychotherapeuten über kurz oder lang zum Aussterben dieses Berufs in seiner jetzigen Form führt.
Diesem Zynismus folgend macht es Sinn einen neuen Beruf zu schaffen, der inhaltlich dünner aufgestellt ist, der aber dann mit Sicherheit Patientenkontakte im Ultrakurzzeitbereich haben wird und damit statistisch eine bessere Versorgung vorgaukeln wird. Diese Praxen werden dann etwas besser honoriert werden als die bisherigen psychoth. Praxen. Aus Sicht von Krankenkassen und Politik ist das nur konsequent. Was ist denn von den Universitäten an neuen Impulsen für die psychotherapeutische Versorgung in den letzten 20 Jahren gekommen? Noch immer fehlt die Idee eines Extraktes aus den verschiedenen psychotherapeutischen Schulen. Stattdessen wird mit Begriffen wie CBASP gearbeitet, der inhaltlich keinerlei neue Erkenntnis bringt.
Nein aus Sicht der Statistiker, Krankenkassen und Politiker ist diese weltweit einzigartige Versorgung überflüssig, da wir Deutschen statistisch nicht gesünder sind als der Rest der Welt. Also gilt es, diese Kosten künftig zu reduzieren.
Die drei o.g. Instanzen der psychotherapeutischen Vertretung in Politik und KVen haben es in den vergangenen fast 20 Jahren nur fertiggebracht, sich selbst in den Gremien zu etablieren, um dort mit Überflüssigkeit zu glänzen, diese sich aber fürstlich als "Aufwandsentschädigung" honorieren zu lassen.

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