Corona-Splitter der KW 41/2021
Hohe Viruslasten auch bei Kindern möglich
Auch Kinder und Jugendliche sollten gegen COVID-19 geimpft werden, denn bei ihnen sind genauso wie bei Erwachsenen hohe Viruslasten in den Atemwegen möglich. Damit sind sie ein ernst zu nehmender Transmissionsweg, bestätigt eine Studie.
Veröffentlicht:Update vom 15. Oktober
Eine Studie bestätigt: Hohe Viruslasten sind auch bei Kindern und Jugendlichen möglich. Bei 110 SARS-CoV-2-infizierten Kindern und Jugendlichen aus den USA im Alter von zwei Wochen bis 21 Jahren haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Boston die Atemwegssekrete per Abstrich analysiert. Ergebnis: Auch bei Kindern und Jugendlichen sind hohe Mengen von replizierenden, kontagiösen SARS-CoV-2 möglich, bestätigt das Team. Die Virenmenge ist dabei unabhängig vom Alter der Kinder, ob die Infektion symptomatisch oder asymptomatisch verläuft oder ob die Kinder schwer erkranken. Außerdem wurden neue Virusvarianten entdeckt. Damit sind die Möglichkeiten für eine Virus-Transmission an Erwachsene und die Entwicklung von neuen Virusvarianten gegeben. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge unterstreicht das die Bedeutung von Schutzmaßnahmen und Impfungen bei Kindern und Jugendlichen (J Infect Dis 2021; online 14. Oktober).
Update vom 14. Oktober
Mehr als die Hälfte der COVID-Patienten weltweit leidet postakut an mindestens einem Long-COVID-Symptom. Das ist das Ergebnis einer Metaanalyse von 57 Studien mit insgesamt 250.351 COVID-Kranken. 79 Prozent von ihnen waren mit akuter COVID-19 hospitalisiert worden. Ergebnisse: Ein Monat nach Diagnose berichteten 54 Prozent der Betroffenen über mindestens ein postakutes Folgesymptom, nach zwei bis fünf Monaten waren es 55 Prozent, nach sechs oder mehr Monaten 54 Prozent. Die am häufigsten genannten Symptome waren Beschwerden der Atemwege, neurologische Störungen, Beeinträchtigungen der mentalen Gesundheit, Bewegungseinschränkungen, Fatigue und Muskelschwäche. Das Team betont, dass diese Folgeschäden von Ärztinnen und Ärzten beobachtet werden müssen und diese schlimmstenfalls vor allem in ärmeren Ländern das Gesundheitssystem überwältigen könnten. Die S1-Leitlinie „Post-/Long-COVID“ der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin vom Juli 2021 geht übrigens davon aus, dass 15 Prozent aller COVID-Kranken von Long-COVID-Symptomen betroffen sind (JAMA Netw Open 2021; online 13. Oktober).
Zwei Drittel der Ärzte und Wissenschaftler, die sich öffentlich zum Thema Corona geäußert haben, haben Hassbotschaften erhalten. Das ist das Ergebnis einer nichtrepräsentativen Umfrage des Fachtblatts „Nature“, die Antworten auf einen Fragebogen von 321 internationalen Ärzten und Wissenschaftlern ausgewertet hat. Weitere Ergebnisse: 22 Prozent der Teilnehmenden hatten Androhungen von Gewalt oder sexueller Gewalt erhalten, 15 Prozent Todesdrohungen, zwei Prozent (sechs Personen) wurden tätlich angegriffen. Bei zwei Prozent (fünf Personen) wurde deren Privatadresse öffentlich gemacht beziehungsweise wurden dorthin Pakete geliefert, bei einem Prozent (zwei Personen) erhielt der Arbeitgeber Beschwerden über den Teilnehmer. Eine Person berichtete über einen Farbangriff auf ihr Haus, eine weitere über jemanden, der sie zu Hause aufsuchte (Nature 2021; online 13. Oktober).
Update vom 13. Oktober
Menschen mit ST-Hebungsinfarkt, die im Lockdown behandelt wurden, hatten ausgedehntere Myokardschäden als Patienten davor oder danach. Das ist das Ergebnis einer prospektiven Studie der Universität Innsbruck mit 149 Patientinnen und Patienten. Die 48 Betroffenen, die während eines Lockdowns behandelt worden waren, hatten im Vergleich zu den übrigen deutlich längere Ischämiezeiten (263 versus 188 Minuten), die auf längere Intervalle zwischen Symptombeginn und Eintreffen im Krankenhaus zurückgingen, eine größere Infarktausdehnung (22 versus 14 Prozent der linksventrikulären Myokardmasse), eine höhere Frequenz und ein höheres Ausmaß von mikrovaskulären Obstruktionen, mehr intramyokardiale Einblutungen (56 versus 34 Prozent der Betroffenen) und eine stärker reduzierte linksventrikuläre Ejektionsfraktion (46 versus 50 Prozent). Bei diesen Patientinnen und Patienten ist dem Team zufolge außerdem eine höhere Mortalität und eine schlechtere Prognose zu erwarten, es rechnet mit Langzeitfolgen. Ursächlich war vermutlich die Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 im Krankenhaus, so die Vermutung der Autorinnen und Autoren (Eur Heart J 2021; online 11. Oktober). (bs)
Update vom 12. Oktober
Die i. m. verabreichte Antikörperkombination „AZD7442“ hat in Phase-III-Studien offenbar positive Ergebnisse erzielt. Angaben vom Hersteller AstraZeneca zufolge reduziert die Kombination der zwei Antikörper Tixagevimab (AZD8895) und Cilgavimab (AZD1061) bei mild bis moderat Erkrankten im Vergleich zu Placebo das Risiko für schwere COVID oder Tod um 50 Prozent, wenn es innerhalb von sieben Tagen nach Beginn der Symptome verabreicht wird. Wird die Kombination in den ersten fünf Tagen nach Symptombeginn verabreicht, reduziert sich das Risiko für schwere COVID oder Tod sogar um 67 Prozent, so der Hersteller. 90 Prozent der rund 800 Teilnehmer hatten ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf. Die beiden Antikörper wurden auf Basis von gespendeten B-Zellen von Rekonvaleszenten generiert und chemisch so verändert, dass sie eine um das Dreifache verlängerte Halbwertszeit haben. Mit einer einmaligen Gabe bestehe eine Schutzwirkung vor COVID über wenigstens neun bis zu zwölf Monate hinweg, heißt es in der Mitteilung (Mitteilung von AstraZeneca; veröffentlicht am 11. Oktober).
Menschen, die sich nicht gegen COVID impfen lassen können, profitieren deutlich, wenn ihre Haushaltsangehörigen immun sind. Das hat eine schwedische Studie ergeben, die das Infektionsrisiko von nicht-immunen Personen in Relation zur Zahl ihrer Haushaltsangehörigen gesetzt hat, die vollständig geimpft oder genesen sind. Teil nahmen 1,7 Millionen Personen aus 800.000 Familien, die aus zwei bis fünf Mitgliedern bestanden, wobei je ein Mitglied nicht-immun war. Ergebnis: Insgesamt infizierten sich im Studienzeitraum 5,7 Prozent der nicht-immunen Personen. Je nachdem, wie viele Angehörige immun waren, war das Risiko um 45 Prozent (bei einem immunen Familienmitglied) bis 97 Prozent (bei vier immunen Haushaltsmitgliedern) reduziert (JAMA Intern Med 2021; online 11. Oktober).
Update vom 11. Oktober
Was genau steckt hinter „Long-COVID“? Ärzte aus Ulm haben bei Betroffenen systematisch nach Organschäden gefahndet. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass nur bei geschätzt 15 Prozent der Long-COVID-Patienten kardiale oder pulmonale Veränderungen zumindest potenziell auf die initiale COVID-19-Erkrankung zurückzuführen sind. Es sei somit eine Diskrepanz zwischen der Symptomatik und dem tatsächlichen Vorkommen von Organschäden feststellbar, schreibt das Team in der Studie, die bei den DGK-Herztagen vorgestellt wurde. Über die tatsächlichen Ursachen kann das Team von der Spezialambulanz für COVID-Spätfolgen an der Uniklinik Ulm nur mutmaßen: Erstautor Dr. Johannes Kersten berichtet, es kämen etwa Patienten in die Ambulanz, die depressive Erkrankungen in der Vorgeschichte hätten und deren Symptomatik sich durch Quarantäne oder Lockdown aggraviert hätte. Eine Rolle könnte auch ein andauernder Bewegungsmangel spielen. Insgesamt hatte das Ulmer Team 231 Long-COVID-Betroffene untersucht. Im Schnitt waren vier Monate zwischen der Infektion und der Long-COVID-Abklärung vergangen. Das mittlere Alter der Patienten betrug 47,8 Jahre (J Clin Med 2021; online 24. August). (vsc)
Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier: