Digitalisierung

Brandenburg weicht Votum zur Fernbehandlung aus

Das Gesundheitsministerium würde zwar mehr Fernbehandlung begrüßen, sieht sich aber außerstande, der Ablehnung der Landesärztekammer etwas entgegenzusetzen.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Während diese Thüringer Dermatologin Fernbehandlung bereits praktiziert, sträubt sich die Kammer in Brandenburg dagegen und hat den entsprechenden Beschluss des Ärztetags von Erfurt nicht umgesetzt

Während diese Thüringer Dermatologin Fernbehandlung bereits praktiziert, sträubt sich die Kammer in Brandenburg dagegen und hat den entsprechenden Beschluss des Ärztetags von Erfurt nicht umgesetzt

© Christoph Soeder / dpa / picture alliance

POTSDAM. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen von Brandenburg geht derzeit vor allem in Projekten voran. Es mangelt an einheitlichen Standards und flächendeckenden Netzstrukturen. Das geht aus einer Antwort des Landesgesundheitsministeriums auf eine Kleine Anfrage aus den Reihen der CDU-Fraktion hervor.

Salomonisch äußert sich das Brandenburger Gesundheitsministerium in diesem Zusammenhang zur Auslegung des Fernbehandlungsverbotes durch die Brandenburger Ärztekammer. Die Kammer hat den Beschluss des Ärztetags 2018 zur ausschließlichen Fernbehandlung nicht umgesetzt, verweist aber darauf, dass die Fernbehandlung schon jetzt möglich sei (wir berichteten).

„Die Entscheidung des Deutschen Ärztetages im Mai 2018, das Fernbehandlungsverbot zu lockern, ist eine sehr gute Nachricht für alle Patientinnen und Patienten“, so das Gesundheitsministerium einerseits. Wenn Haus- oder Fachärzte eine Untersuchung via Internet machen können, spare das für alle unnötige Wege- und Wartezeiten.

„Entscheidend aber ist, dass Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf weiterhin frei ausüben. Sie allein müssen entscheiden, ob sie für eine Diagnose ihre Patientinnen bzw. Patienten direkt sehen müssen oder eine Untersuchung auch am Bildschirm erfolgen kann“, heißt es in der Antwort weiter.

Internet überall selbstverständlich

Abschließend verweist das Ministerium darauf, dass Menschen Internetangebote in allen Lebensbereichen immer selbstverständlicher nutzen und fordert: „Dieser Entwicklung muss sich der Gesundheitsbereich stellen.“

Auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ verweist das Ministerium jedoch auf die Entscheidungshoheit der Landesärztekammer. Das Gesundheitsministerium als Rechtsaufsichtsbehörde über die Landesärztekammer gehe davon aus, dass die Delegierten der Kammerversammlung das Für und Wider einer möglichen Rechtsänderung sorgfältig abgewogen hätten. „Eine Bewertung der Zweckmäßigkeit von Selbstverwaltungsregelungen steht der Rechtsaufsichtsbehörde auch nicht zu“, so die zurückhaltende Antwort.

Die CDU-Abgeordneten kritisieren in ihrer Anfrage, dass über die Umsetzung der im Dezember 2018 beschlossenen Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg wenig bekannt sei, und zwar insbesondere zum aktuellen Stand der Umsetzung und bisherigen Wirkung der beiden Kernmaßnahmen „Digitalisierungspauschale für Krankenhäuser“ und „Telematikinfrastruktur und die Einführung elektronischer Patientenakten“.

Das Ministerium verweist auf zahlreiche Projekte in einzelnen Krankenhäusern. Ein Vorreiter sei das „papierlose“ Krankenhaus Rüdersdorf. Zudem arbeiten nach Angaben des Ministeriums drei Innovationsprojekte in Brandenburg mit digitalen Ansätzen.

Dazu zählen das QS-Notfall-Projekt zur Verbesserung der Notfallversorgung von Herzinfarktpatienten in Berlin und Brandenburg, das Projekt ANNOTeM (Akut-Neurologische Versorgung in Nord- Ost- Deutschland mit Telemedizinischer Unterstützung) und das Projekt ERIC – Enhanced Recovery after Intensive Care zur EHealth gestützten Betreuung von Patienten nach einer Intensivbehandlung.

Insellösungen ungeeignet

Auch die Initiativen einzelner Krankenkassen für Patientenakten bewertet das Brandenburger Ministerium positiv. Insgesamt vertritt es jedoch die Auffassung, dass Insellösungen oder Projekte für eine flächendeckende Anwendung ungeeignet seien. „Vielmehr müssen auf Bundesebene die Rahmenbedingungen gesetzlich klar geregelt sein, der Nutzen muss Leistungserbringer und Betroffene überzeugen und solide Finanzierungsquellen sind zu schaffen“, heißt es weiter.

Digitalisierung in der Praxis zu nutzen sei allerdings nicht voraussetzungslos. „Dazu gehören technisch flächendeckende gute Sendeleistungen, aber auch Empfangsmöglichkeiten sowie die Bereitschaft zur Nutzung bzw. Anwendung entsprechender Angebote“, so das Brandenburger Gesundheitsministerium.

Eine Bewertung der Zweckmäßigkeit von Selbstverwaltungsregelungen steht der Rechtsaufsichtsbehörde auch nicht zu.

Stellungnahme des brandenburgischen Gesundheitsministeriums zur Auslegung des Fernbehandlungsverbotes durch die dortige Ärztekammer.

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