Entscheidung der EMA

AstraZeneca-Vakzine erhält Warnhinweis – Neustart der Impfungen am Freitag

Die Corona-Vakzine von AstraZeneca bleibt der EU erhalten: Die EMA bewertet ihren Nutzen größer als die möglichen Risiken. Aber es wird einen Warnhinweis geben. Am Freitag sollen die Impfungen fortgesetzt werden. Auf Ärzte kommt Arbeit zu.

Denis NößlerVon Denis Nößler und Anno FrickeAnno Fricke und Thomas HommelThomas Hommel Veröffentlicht:
Gut aufgehoben in europäischen Institutionen: AstraZenecas Corona-Vakzine.

Gut aufgehoben in europäischen Institutionen: AstraZenecas Corona-Vakzine.

© Alexandre MARCHI / PHOTOPQR/L'EST REPUBLICAIN/MAXPP / picture alliance

Amsterdam/Berlin. Die Corona-Vakzine ChAdOx1-S von AstraZeneca (AZD1222) bleibt in der EU zugelassen. Das hat die Europäische Arzneimittelagentur EMA am Donnerstagnachmittag nach einer außerordentlichen Tagung ihres Pharmakovigilanzausschusses PRAC mitgeteilt. Der Nutzen der Impfung übersteige die Risiken.

Allerdings soll das Präparat einen Warnhinweis erhalten zu dem Risiko sehr seltener Fälle einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC) oder zerebraler Sinusthrombosen (cSVT). Ein generell erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse konnte der Ausschuss allerdings nicht ausmachen.

Die Impfungen sollen bereits an diesem Freitag wieder aufgenommen werden können, hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kurz nach 20 Uhr am Donnerstag in einer kurzen Pressekonferenz in Berlin verkündet.

Hintergrund für die Bewertung waren Berichte über cSVT- und DIC-Fälle, zuletzt aus Deutschland. Alle waren begleitet von Thrombozytopenien. Daraufhin wurde die Impfung mit der Vakzine in Deutschland zunächst ausgesetzt.

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Mehr Ereignisse als erwartet

Hierzulande gibt es bislang 13 gemeldete Fälle, darunter zwölf Frauen unter 55 Jahren, von denen zwei verstorben sind. Zudem sei ein Mann mit dieser Komplikation gestorben, berichtete der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Professor Klaus Cichutek am Donnerstagabend.

Es sei allerdings nicht klar, ob jeweils die Impfungen ursächlich für die Todesfälle seien. Bis Montag waren beim PEI zunächst sieben Fälle bekannt geworden, sechs davon bei Frauen. Drei Ereignisse verliefen tödlich. Alle waren zwischen 20 und 50 Jahren alt.

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Das PRAC hat nach eigenen Angaben bei 20 Millionen Impfungen mit der AstraZeneca-Vakzine in der EU und Großbritannien bis Dienstag Kenntnis von sieben DIC-Fällen und 18 cSVT-Fällen. Thrombosen generell traten in der EU in 191 Fällen auf, was der EMA zufolge weniger ist, als zu erwarten wäre.

Die bis dato neun aus EU-Staaten gemeldeten DIC- und cSVT-Fälle ereigneten sich danach bei Menschen unter 55 Jahren und in der Mehrheit bei Frauen. In den ersten zwei Märzwochen hätte rechnerisch ein DIC-Ereignis auftreten dürfen, fünf Fälle wurden jedoch binnen 14 Tagen nach der Impfung gemeldet. Bei der cSVT wären statistisch 1,35 Fälle erwartbar gewesen, jedoch traten 12 auf.

Patienten sollten Warnzeichen kennen

Da jedoch eine COVID-19-Erkrankung mit einem deutlich erhöhten Risiko für (auch fatale) Thromboembolien assoziiert ist, überwiege der Nutzen der Impfung, so die EMA. Patienten sollten allerdings über die Red Flags von DIC und cSVT – unter anderem Petechien oder Kopfschmerzen, besonders binnen drei Tagen nach der Impfung – informiert werden und beim Auftreten rasch einen Arzt konsultieren.

Parallel zur EMA hatten PEI und das Ministerium bereits mit der Aktualisierung des Aufklärungsmerkblatts begonnen, das vor der Impfung ausgehändigt werde, sagte Spahn. Bis die Formulare vorlägen, könnten Ärzte diese Hinweise auch handschriftlich ergänzen.

Auf Nachfrage sagte der Minister, dass die Entscheidung der EMA nichts mit dem flächendeckenden Impfbeginn in den Arztpraxen zu tun habe. „Es steht genau dieselbe Menge zur Verfügung wie vorher“, sagte Spahn. Über den Impfstart in Praxen werde am Freitagnachmittag mit den Regierungsspitzen der Länder beraten.

Opposition fordert „umfassende Aufklärung“

Die Entscheidung der EMA und ihre Konsequenzen werden auch von Abgeordneten kommentiert. Nachdem die EMA den AstraZeneca-Impfstoff als sicher und wirksam bewertet habe, müssten die Impfungen damit unverzüglich wieder aufgenommen werden, sagte die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus am Donnerstag. Nach Tagen des Impfstillstands müsse alles dafür getan werden, dass diesem sicheren Impfstoff kein weiterer Imageschaden drohe.

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„Ich bin erleichtert, dass wir weiterhin auf den Impfstoff von AstraZeneca bauen können“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, am Donnerstag.

Es brauche jetzt gute und umfassende Aufklärung der Impfwilligen über mögliche Risiken und Ausschlusskriterien. Dies könne am besten in Arztpraxen geleistet werden. Sie seien daher „umgehend“ einzubeziehen. „Es ist jetzt wichtig, dass wir den Impfturbo einlegen.“

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 18.03.202122:15 Uhr

"Leben wär' eine prima Alternative"
von Maxi Wander: "Im Sommer 1976 bestätigt sich der schlimme Verdacht: Maxie Wander leidet an Krebs und wird ein Jahr später daran sterben. Die vorliegende Sammlung von Tagebucheinträgen und Briefen ermöglicht es dem Leser, sie auf diesem Lebensabschnitt zu begleiten. Mit klarem Blick und scharfer Selbstironie schildert sie ihre Odyssee durch die Behandlungsräume verschiedener Ärzte, die Sprachlosigkeit im Angesicht der Krankheit und die Intensität, die das Leben bekommt, wenn es nicht länger selbstverständlich ist..."
Ein Buch, das nicht nur Ärztinnen und Ärzte gelesen haben sollten.

Was sagt die irische Apothekerin und EMA-Chefin Emer Cooke nach Sondersitzung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC)?
"Business as usual" mit Warnhinweisen?

Was würde Sie den Betroffenen, 18 "Fällen" von Sinusvenenthrombosen und 7 "Fällen" von disseminierten intravasalen Koagulopathien, am Krankenbett, auf der ICU oder im palliativen Sterbeprozess sagen?
Warum erkennt Sie nicht die Gender-Spezifität bei Frauen unter 55 Jahren?
Welche empathisch zugewandte Betreuungs-Qualität würde Sie sicherstellen oder delegieren?
Cooke betonte, dass es sich um 25 Fälle unter 20 Millionen Menschen handele, die in der EU und im Vereinigten Königreich mit dem Vakzin geimpft worden seien.
Wie sollen Haus-/Familienärzte, Fach-/Krankenhaus-Kollegen mit Betroffenen und Angehörigen umgehen?

Ich hatte in meiner 28-jährigen Praxis eine von drei Patientinnen mit Sinusvenenthrombosen, wo es nur dem entschlossenen Eingreifen des klugen Lebensgefährten, der Stroke Unit, der neurologischen REHA zu verdanken war, dass die 25-Jährige ohne Folgeschäden genas.

Eine EMA-Apothekerin sollte wissen, dass mögliche Impfkomplikation bei 20 Millionen Impfungen keine "peanuts", und Engagement von Ärztinnen und Ärzten bei differenzialdiagnostischen Überlegungen gefordert sind. Die Umstellung der Polio-Schluck- auf Polio-Spritzimpfung (Stichwort "Impfpolio") war wegen geringerer Inzidenzen erfolgt.

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