BtM-Vorlagen abgewiesen
Bundesverfassungsgericht bekräftigt Sterbehilfe-Urteil
Haben Menschen hierzulande ein Recht auf Selbsttötung? Erneut mussten jetzt die Verfassungsrichter in Karlsruhe darüber entscheiden – und haben sich selbst zitiert.
Veröffentlicht:Karlsruhe. Für Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werden die Gründe dünner, eine Neuregelung der Sterbehilfe weiter zu verzögern und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Freigabe geeigneter Medikamente zu untersagen. Mit einem am Dienstag (30. Juni) veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe unverrückbar an seiner Entscheidung vom Februar festgehalten, mit der es ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ normiert hatte.
In seiner neuen Entscheidung fasst das Bundesverfassungsgericht sechs Fälle zusammen, in denen die Beschwerdeführer beim BfArM die Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung beantragt hatten. Den Weg hierfür hatte 2017 das Bundesverwaltungsgericht mit einer verfassungskonformen Auslegung des Betäubungsmittelgesetzes freigemacht.
Bislang wurde diese Rechtsprechung aber nicht umgesetzt, und auch den Karlsruher Beschwerdeführern wurde die begehrte Erlaubnis verweigert. Anders als das Bundesverwaltungsgericht war hier aber das Verwaltungsgericht Köln der Ansicht, dass das Gesetz auch in Extremfällen keine Ausnahmen zulässt und eine entsprechende Auslegung nicht möglich ist.
Vorlage aus Köln älter als die Karlsruher Entscheidung
Das gesetzliche Verbot der Freigabe von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung sei verfassungswidrig. Daher legten die Kölner Richter insgesamt sechs Klagen dem Bundesverfassungsgericht vor.
Die Karlsruher Richter haben die beanstandeten Klauseln des Betäubungsmittelgesetzes nun allerdings nicht als verfassungswidrig verworfen. In diesem Fall hätten sie auch gleich mit entscheiden müssen, wie ein dadurch regelungsloser Zustand zu vermeiden ist.
Vielmehr verwies das Bundesverfassungsgericht auf sein Grundsatzurteil zur Sterbehilfe vom 26. Februar. Dort sei alles Wesentliche gesagt, die Vorlage daher inzwischen formal unzulässig geworden.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, so bei der Verkündung im Februar der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, „schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“.
Die Richtervorlage aus Köln ist gut drei Monate älter, das Verwaltungsgericht konnte sich damit daher noch nicht auseinandersetzen. Es ist möglich, dass das Verwaltungsgericht Köln dies nun nachholt und seine Fälle dann erneut dem Bundesverfassungsgericht vorlegt.
Az.: 1 BvL 2/20 und weitere; Beschluss vom 20. Mai, schriftlich veröffentlicht 30. Juni