Medizinernachwuchs
Generation Y sagt Nein zum Nonstop-Arzt
60 Stunden Dienst pro Woche? Die Zeiten sind vorbei. Junge Ärzte wollen mehr Freizeit. Von der KBV fordern sie dafür mehr als politische "Kosmetik".
Veröffentlicht:BERLIN. Die heutigen Mittzwanziger bis Mittdreißiger unter den Ärzten, bekannt als Generation-Y, wollen ihr Privatleben nicht dem Beruf opfern. Regina Feldmann, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), ist dieses Anliegen wichtig. Der Nachwuchs sieht die aktuellen Lösungsansätze der Berufspolitiker jedoch kritisch.
Eine 40-Stunden-Woche kann KBV-Chef Andreas Gassen dem Medizinernachwuchs nicht bieten. Im Schnitt arbeite der niedergelassene Arzt 53 Stunden in der Woche, so Gassen.
Regina Feldmann sieht die Chancen auf einen Acht-Stunden-Tag im ambulanten Bereich dennoch: "Zum Beispiel als angestellter Arzt im MVZ oder in von KVen betriebenen Praxen."
Für die nachrückende Generation der Niedergelassenen könnte die Arbeit moderner gestaltet werden, räumte sie auf der Diskussionsveranstaltung "KBV kontrovers" ein. Überdenkenswert sei die Präsenzpflicht in der Praxis, die könnte künftig familienfreundlicher ausgelegt werden.
"Für mich ist das nur Kosmetik", entgegnete der junge Assistenzarzt Raphael Kunisch aus München. Es könne nicht um eine Debatte zwischen ambulantem und stationärem Sektor gehen. Die Arbeit müsse auf mehr Schultern verteilt werden.
"Ich würde gerne genau so viel Zeit mit meinen Kindern verbringen können, wie Leute, die einen nichtärztlichen Beruf haben." Seine Arbeitswoche im Krankenhaus dauere aber je nach Personalsituation auch schon mal 85 Stunden.
Er leiste das gern für die Patienten, danach sei er aber am Ende. Ein schlechter Ausgangspunkt, um Hobbys, Beziehungen und die eigene Gesundheit aktiv zu gestalten. Damit ist er in seinem Beruf nicht allein.
So gaben sieben von zehn Klinikärzten an, dass lange Arbeitszeiten und eine hohe Arbeitsdichte sich zulasten ihrer Gesundheit auswirkten, etwa mit Schlafstörungen oder häufiger Müdigkeit. Das zeigt das Ergebnis einer Umfrage unter rund 3300 Assistenz-, Fach-, Ober- und Chefärzten des Marburger Bundes in 2013.
Junge Ärzte würden durch das Ungleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben frustriert. Kritikpunkte seien die immer häufiger befristeten Arbeitsverträge und nicht vergütete Überstunden. Die aktuellen Bedingungen ließen daher die jungen Ärzte immer häufiger mit ihrer Berufswahl hadern, sagte Kunisch. (mh)