Kassenaufsicht

Regierung rüttelt nicht am Status Quo

Die gesplittete Aufsicht über Kassen führt zu uneinheitlicher Aufsicht –  ändern will die Regierung dies nicht.

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BERLIN. Die Bundesregierung sieht keinen Bedarf und keine Möglichkeit, die Aufsicht über Krankenkassen neu zu ordnen. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hervor.

Bundesweit geöffnete Kassen unterliegen der Aufsicht durch das Bundesversicherungsamt (BVA) in Bonn, Ortskrankenkassen werden durch das jeweils zuständige Landesministerium beaufsichtigt.

Diese Ordnung habe sich bewährt, erklärt die Regierung. Zudem trage das BVA durch Rundschreiben und weitere Instrumente zu einer einheitlichen Rechtsauslegung bei. Dass dies in auch in wettbewerblich sensiblen Feldern oft nicht gelingt, bestätigt die Regierung aber selber.

Das gelte etwa beim Wirtschaftlichkeitsnachweis für Wahltarife, wo es zu "unterschiedlichen Aufsichtspraktiken" gekommen ist. Ähnlich sieht es bei Wahltarifen zur Kostenerstattung für einzelne Leistungen aus: Das BVA hält diese Tarife für nicht rechtmäßig, einzelne Länderministerien genehmigen ihren AOKen hingegen ein solches Vorgehen.

Harsche Reaktionen auf kollektive Manipulation

Unterschiedlich scharf reagieren BVA und Länder, wenn Kassen versuchen, bei Abrechnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen nachträglich die Erhebung von Diagnosen zu korrigieren. Ziel ist es, die Datenmeldungen an den Risikostrukturausgleich zu beeinflussen.

Jüngst hatte der Chef der Techniker Kasse, Dr. Jens Baas, sich und andere Kassen der kollektiven Manipulation bezichtigt und damit harsche Reaktionen ausgelöst.

Die Bonner Behörde hält dieses "Up-Coding" für unzulässig – einige Länder handhaben dies offensichtlich großherzig. Offensichtlich hält es die Regierung bereits für einen Erfolg, dass nach Angaben des BVA "tendenziell" der Umfang dieser "Nachcodierungen" zurückgegangen ist.

Unterschiedlich beaufsichtigt wurden die Kassen auch in der Handhabung von Rücklagen für die Altersvorsorge von Mitarbeitern. Das Bundessozialgericht hatte bundesunmittelbaren Kassen es 2006 untersagt, dieses Deckungskapital auch in Aktien anzulegen.

Das BVA exekutierte die Vorgabe konsequent, einigen AOKen ist hingegen eine Anlage in Aktien erlaubt worden –  ein relevanter Wettbewerbsvorteil, wie Vertreter bundesunmittelbarer Kassen beklagt haben.

Indexorientierte Aktien als Option

Erst mit dem 6. SGB IV-Änderungsgesetz, das in Kürze in Kraft treten soll, wird es allen Kassen gestattet, maximal zehn Prozent des Deckungskapitals in indexorientierte Aktien zu investieren.Von einer Splittung der Aufsicht, wie sie in Experten-Gutachten vorgeschlagen wurde, hält die Regierung nichts.

Vorgeschlagen wurde bereits 2003 von einer Gruppe um den Gesundheitsökonomen Professor Jürgen Wasem, die Aufsicht über das "Haushalts- und Geschäftsgebaren" auf Bundesebene anzusiedeln. Hingegen sollte die Aufsicht über die Versorgungsverträge von den zuständigen Landesbehörden wahrgenommen werden.

Diese Doppelzuständigkeit könne "zu einem Verlust an politischer Steuerungsfähigkeit und Verantwortlichkeit" führen, warnt die Regierung.

Neben praktischen Problemen der Abgrenzung der Zuständigkeiten stünden einer solchen Aufteilung der Aufsicht auch das verfassungsrechtliche Gebot der Verwaltungszurechenbarkeit und -klarheit entgegen. Im Ergebnis würde eine solche Neuordnung "die bestehenden Probleme nicht lösen, sondern gegebenenfalls sogar verschärfen". (fst)

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