Strafe bei Wartezeiten: SPD baut Drohkulissen für Vertragsärzte

Wartezeit für einen Termin beim Facharzt maximal fünf Tage, sonst drohen Geldbuße oder sogar der Entzug der Zulassung. So hat es nun die SPD vorgeschlagen. Mehr Qualität durch Repression?

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SPD-Motto im Bundestagswahlkampf: "Unser Land kann mehr." Ob damit auch der neueste Vorstoß gemeint war?

SPD-Motto im Bundestagswahlkampf: "Unser Land kann mehr." Ob damit auch der neueste Vorstoß gemeint war?

© dpa

BERLIN (HL). Die SPD Bundestagsfraktion hat einen Entwurf für ein Qualitätsverbesserungsgesetz in der medizinischen Versorgung von Kassenpatienten erarbeitet.

Das aus nur wenigen Punkten bestehende Konzept besteht im wesentlichen aus weiteren bürokratischen Vorgaben für Vertragsärzte und Krankenkassen, verbunden mit empfindlichen Sanktionen.

Dem Problem - angeblicher - Wartezeiten bei Ärzten will die Arbeitsgruppe Gesundheit dadurch beikommen, indem sie eine gesetzlich maximal zulässige Wartezeit auf einen Arzttermin von fünf Tagen ins Gesetz schreiben will.

Die Krankenkassen werden verpflichtet, ihre Versicherten bei der Terminvermittlung zu unterstützen. Im Bundesmantelvertrag sollen Bedingungen definiert werden, mit denen Patienten der angemessene Zugang zur Versorgung garantiert werden kann.

Die SPD-Gesundheitspolitiker halten vor allem Sanktionen gegen Ärzte für geeignet, eine solche Garantie durchzusetzen: "Je nach Schwere der Pflichtverletzung eine Verwarnung, einen Verweis, eine Geldbuße bis zur Höhe von 25.000 Euro und den Entzug der Zulassung bis zu einer Dauer von zwei Jahren".

Um die angebliche Diskriminierung von Kassenpatienten im Vergleich zu Privatpatienten zu verhindern, wollen die SPD-Gesundheitspolitiker eine Privilegierung von Kassenpatienten.

So soll in Paragraf 76 SGB V eine Bestimmung aufgenommen werden, wonach der Vertragsarzt zur "bevorzugten Behandlung" der Versicherten der GKV verpflichtet wird. Das soll eine rasche Terminvergabe bewirken.

Damit künftig Differenzierungsanreize für Ärzte grundsätzlich beseitigt werden, fordert die SPD ein Gesetz zur Angleichung der verschiedenen Vergütungssysteme in der ambulanten Versorgung.

Danach sollen EBM und GOÄ bis zum 1. Juli 2012 angeglichen werden. Bis Ende 2011 soll das Institut des Bewertungsausschusses Vorarbeiten dazu leisten.

In die Pflicht genommen werden auch die Kassen. Zur Bearbeitung von Anträgen auf Vorsorge und Reha werden maximal drei Wochen eingeräumt. Hört der Versicherte nichts von seiner Kasse, darf er dies als Zustimmung interpretieren.

Zweibettzimmer in Kliniken sollen Standard sein. Hygienedaten müssen publik gemacht werden. Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm dürfen nur in Kliniken versorgt werden, die eine Mindestmenge von 30 pro Jahr erreichen.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 08.02.201114:27 Uhr

Ablenkungsmanöver der SPD-Fraktion

Fehlende Stringenz und Systematik in der GKV-Reformdebatte soll man nicht mit Aktionismus übertünchen. Nur zur Erinnerung für die SPD:

"Anfang April" (2011) "wolle die SPD ihr durchgerechnetes Modell" (der GKV) "präsentieren", kündigte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am 14. Dezember letzten Jahres in Berlin an. Wie kann ein SPD-Parteivorstand mit einem undurchsichtigen und allenfalls grob geschätzten Bürgerversicherungsversuch an die Öffentlichkeit gehen und ausgerechnet für "Anfang April" des Folgejahres breite Zustimmung erwarten.

Konkret wurden Parteivizin Nahles und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel dann mit einem Sammelsurium von Bürgerversicherungsbeiträgen und Steuerfinanzierung der GKV (als ob es die nicht schon längst mit dem Bundeszuschuss gäbe!) bzw. Knebelung einer eh'' schon maroden Privaten Krankenversicherung (PKV). Der Clou war, dass die SPD auch mit Prof. Lauterbach keinen Schimmer von ökonomischer GKV-Geometrie aufwies. Der Öffentlichkeit sollte damals weis gemacht werden, dass konkrete Vorschläge des DGB und der Grünen/Bündnis 90 zur Reformfinanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unausgereift seien. Damals sprach schon der Blinde zum Sehenden.

Denn die SPD hat nicht nur eine Heidenangst, dass ihr Gutverdiener in Scharen(?) weglaufen, wenn die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der GKV erhöht oder gar an die BBG der Rentenversicherung angeglichen würde. Da ist sie einig mit der schwarz-gelben GKV-Geisterbahn, die die BBG gesenkt hat, um mit der GKV-Beitragssatzerhöhung und verkappten Kopfpauschale herumzutricksen.

Aber ist es nicht eine Spitzenleistung, dass die Wartezeit der SPD zwischen großspuriger Ankündigung und endgültiger Terminierung der öffentlichen Vorstellung einer GKV-Bürgerversicherungsreform und ihrer Finanzierung satte dreieinhalb M o n a t e (!) oder e i n h u n d e r t u n d f ü n f Tage dauern soll?

Mit kollegialen Grüßen, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Alfred Besand 08.02.201109:37 Uhr

Qualitätsverbesserungsgesetz der SPD Bundestagsfraktion; wo ist hier die Qualität?

Ich habe so den Eindruck dass Herr Lauterbach und Genossen,bei solcher
Denkweise,bei den anstehenden Landtagswahlen die Quittung bekommen.
Jeder Selbständige und auch jeder Beschäftigte muss sich doch fragen sind wir die nächsten.
Aber es war schon immer so,wenn die SPD im Aufwind war, gabe es Köpfe in der Partei die der Meinung waren, uns geht es gut, es muss uns aber noch besser gehen deshalb satteln wir noch einen drauf.
Aber so sicherlich nicht, schauen Sie auf das was die Ärzteschaft bewegt meine Herren von der SPD. Schalten Sie den Schalter ein nur dann
kann es hell werden.Denken Sie an Ihre Wähler die auch Patienten sind damit die Versorgung auch weiterhin gewährleistet ist.Durch solche Strafmaßnahmen erschrecken Sie nicht nur diesen Berufsstand auch alle anderen.
Sehen immer noch einige in der SPD den Arzt nur als "Gott im weissen Kittel"dem man auf die Finger hauen muss. Aber wenn man selbst erkrankt durch die Hintertür in das Sprechzimmer des Arztes will.
Nein Danke meine Herren, dann ist die Taube auf dem Dach besser, als der Spatz in der Hand.
Unser Gesundheitssystem ist noch einzigartig in der Welt, will man wirklich durch solches Gedankengut dies abschaffen.
Man braucht sich überhaupt nicht wundern dass viele junge Ärzte sich nicht niederlassen wollen,weil sie heute noch nicht wissen was sie morgen erwartet.Dank solcher Parolen aus der Politik.
Alfred Besand

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