"German Angst":
Wovor sich die Deutschen 2016 am meisten fürchten
Den Deutschen sagt man gerne nach, dass sie furchtsam sind. Doch abseits der Vorurteile: Die Ängste der Deutschen sind tatsächlich drastisch in die Höhe geschnellt.
Veröffentlicht:Nachrichten über Terroranschläge, politischen Extremismus und Spannungen durch den Zuzug von Ausländern treiben die Ängste der Deutschen in die Höhe. "Nie zuvor sind in unseren Umfragen die Ängste innerhalb eines Jahres so drastisch in die Höhe geschnellt wie 2016", bilanziert Brigitte Römstedt, Leiterin des Infocenters der R+V Versicherung. Am Dienstag stellte sie die Ergebnisse der R+V-Umfrage "Die Ängste der Deutschen 2016" vor.
Die erschütternden Bilder und Medienberichte über die Terroranschläge in Paris, Brüssel, Bagdad oder Istanbul schüren die Angst vor Terror so massiv, dass sie im Vergleich zum Vorjahr um ganze 21 Prozentpunkte auf 73 Prozent steigt - und damit so hoch liegt wie nie zuvor. Erstmals steht die Furcht vor dem Terror sogar an erster Stelle der größten Ängste.
Schon nach 9/11 mit den Anschlägen auf das World Trade Center hatte sich die Angst der Deutschen vor terroristischen Anschlägen mit 58 Prozent mehr als verdoppelt und lag seitdem auf einem konstant hohen Niveau. Neben Terrorismus fürchten die Menschen in Deutschland politischem Extremismus, Spannungen durch den Zuzug von Ausländern und der Überforderung der deutschen Behörden durch die Flüchtlingszahl am meisten.
Angst vor Pflegebedürftigkeit im Alter
Bemerkenswert ist, dass auch die Sorge, im Alter auf Hilfe angewiesen zu sein, weiterhin auf einem hohen Niveau liegt: 61 Prozent der Frauen und 53 Prozent der Männer in Deutschland fürchten sich davor, als Ältere zum Pflegefall zu werden. Traditionell sei diese Sorge bei Frauen höher, da sie bei der Betreuung der Angehörigen meist die größte Last trügen, heißt es in dem Bericht. Insgesamt fürchtet sich mehr als jeder zweite - 58 Prozent der Westdeutschen und 57 Prozent der Ostdeutschen - davor, im Alter auf Pflege angewiesen zu sein.
Die positiven Errungenschaften der Pflegereform sind damit offenbar im Bewusstsein der Deutschen noch gar nicht angekommen. Viele Betroffene scheinen nicht zu wissen, welche Möglichkeiten sie durch die Reform überhaupt haben.
Dabei hat die Bundesregierung die Leistungen der Pflegeversicherung mit den Pflegestärkungsgesetzen I und II deutlich ausgeweitet, einen neuen Pflegebegriff eingeführt und damit auch ein neues Begutachtungsverfahren eingesetzt (die "Ärzte Zeitung" berichtete).
Ausgeweitete Pflegeleistungen
2,7 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland erhalten seit dem 1. Januar 2015 mehr Leistungen, die Unterstützungsangebote für die Pflege zu Hause wurden ausgeweitet und die Zahl der Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen erhöht.
Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff mit fünf neuen Pflegegraden fällt zudem die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und Patienten, die an Demenz erkrankt sind, weg. Damit erhalten erstmals alle Pflegebedürftigen einen gleichberechtigten Zugang zu Pflegeleistungen.
Auch mit dem geplanten Pflegestärkungsgesetz III, das am 1. Januar 2017 in Kraft treten soll, will die Bundesregierung den Ängsten pflegender Angehöriger und Betroffener begegnen und Beratungsangebote schaffen. Mit Pflegestützpunkten soll den Kommunen wieder eine aktivere Rolle bei der Pflege zugewiesen werden.
Denn Städte, Gemeinden und Landkreise leisten einen wichtigen Beitrag zur Pflege und zur Prävention von Pflegebedürftigkeit- etwa durch Hilfe zur Pflege, die bei finanzieller Bedürftigkeit die Leistungen der Pflegeversicherung aufstockt, durch Beratungs- und Koordinierungsstellen, Präventionsmaßnahmen oder durch rechtliche Betreuung.
Kommunale Behörden haben erfahrenes Pflegepersonal, sie kennen die Einrichtungen und Verbände vor Ort, die im Bereich der Pflege aktiv sind. Mit dem Pflegestärkungsgesetz sollen pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung leben können und damit ein selbstbestimmtes Leben haben.
Damit könnte auch die Angst der Deutschen, als Pflegefall im Alter Angehörige finanziell und personell zu belasten, vermindert werden.