Urogenitale Tumoren
MRT-Diagnostik beim Prostatakrebs: Erfolg durch Zusammenarbeit
Die multiparametrische Magnetresonanztomographie kann helfen, bei Verdacht auf Prostatakrebs unnötige Biopsien zu vermeiden – und gleichzeitig mehr klinisch signifikante Karzinome korrekt zu identifizieren. Die Methode hat Eingang in die Leitlinien gefunden, berichtet ein Radiologe beim Krebskongress.
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3D-Darstellung eines Prostatakarzinoms. Nicht immer ist ein Befund so eindeutig. Dann kann die mpMRT weiterhelfen.
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Berlin. Die Entwicklung der multiparametrischen Magnetresonanztomographie (mpMRT) bezeichnete Professor Heinz-Peter Schlemmer, Direktor der Abteilung Radiologie des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, als eine wirkliche Erfolgsgeschichte der translationalen Forschung durch die Zusammenarbeit von Radiologie, Pathologie und Urologie.
Die Methode ist inzwischen in prospektiven randomisierten Multicenterstudien evaluiert worden und hat Eingang in die Leitlinien gefunden. Nur die Krankenkassen hinken noch hinterher – das multiparametrische Prostata-MRT (mpMRT) ist noch nicht in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden.
Mehr klinisch relevante Diagnosen, weniger unnötige Biopsien
Das mpMRT hat eine sehr hohe Spezifität von 90–95%. Die Sensitivität ist mit 40–50% allerdings niedrig. „Wir brauchen bei verdächtigen Befunden immer noch den Pathologen, der sagt, was in der Biopsie zu sehen ist“, sagte Schlemmer beim Krebskongress in Berlin.
Den Ritterschlag erhielt die Methode durch die Studie PRECISION (N Engl J Med 2018; 378(19):1767–1777): Die Zahl der diagnostizierten Prostatakarzinome bei Männern mit Verdacht auf ein solches Karzinom konnte um 48% erhöht werden, die Zahl der nicht klinisch signifikanten Karzinome sank um 40%. Vor allem aber mussten sich 28% weniger Männer einer Biopsie unterziehen, weil sich im mpMRT der Verdacht nicht bestätigt hatte.
In einer skandinavischen Screeningstudie konnte die höhere Detektion relevanter Karzinome bei gleichzeitiger Senkung der Biopsierate auch für die Früherkennung mit der mpMRT ohne Kontrastmittel bestätigt werden (N Engl J Med. 2021; 385(10):908–920). „Dafür brauchen Sie dann nur etwa 20 Minuten“, meinte Schlemmer. Für ein Screening ähnlich der Mammographie sei es aber noch zu früh, sagte er.
Paradigmenwechsel in der Diagnostik
Die deutsche S3-Leitlinie empfiehlt wie internationale Leitlinien auch die mpMRT vor Biopsie und Re-Biopsie, vor und während der aktiven Überwachung und vor einer fokalen Therapie. Das mpMRT hilft, zum Beispiel bei hohen PSA-Werten oder einer hohen Dynamik im PSA-Verlauf nach suspekten Herden zu suchen.
In der T2-gewichteten MRT lässt sich die Morphologie beurteilen, in der diffusionsgewichteten MRT die Zelldichte, und mit Hilfe von Kontrastmittel wird die Vaskularisierung beziehungsweise Durchblutung geprüft. Die erhöhte Zellularität und die Vaskularisierung sind allgemein Merkmale von Krebs und das wird hier genutzt, erläuterte Schlemmer.
Schwierig kann die Beurteilung atypischer Knoten bei Prostatahyperplasie sein, da gilt es vorsichtig zu sein, um keine Überdiagnosen zu machen, ergänzte er.
PI-RADS ist kein Grading
Der radiologische Befund nach mpMRT enthält die Angabe des PI-RADS. „Das ist kein Grading, das ist ein Wert auf einer Wahrscheinlichkeitskala“, erklärte Schlemmer. Der Wert 1 bedeutet, dass ein klinisch signifikantes Prostatakarzinom sehr unwahrscheinlich ist, der Wert 5, dass es sehr wahrscheinlich ist.
Bei einem Wert von 4 bis 5 wird immer eine MRT-gesteuerte zielgerichtete Biopsie und eine Standardbiospie nötig, bei den Werten 1 und 2 nicht. Der Wert 3 bezeichnet einen unklaren Befund.
„Da fischen wir im Trüben“, meinte Schlemmer und sagte: „Die PI-RADS-Werte sind nicht so objektiv, wie es aussieht.“ Deshalb hat die Urologie reagiert und empfiehlt auch bei einem PI-RADS-Wert von 3 die Biopsie.
Hohe Qualitätsanforderungen
Entscheidend für eine gute Beurteilbarkeit des mpMRT ist die entsprechende technische Qualität der Bildgebung und der Befundung. Die Deutsche Röntgengesellschaft hat ein zweistufiges Zertifikat eingeführt, das eine bestimmte Zahl von CME-Punkten mit einem Großteil aus entsprechenden Kursen verlangt und eine Befundung von einer größeren Zahl von mpMRT fordert.
Der Bund Deutscher Radiologen hat ein Qualitätstestat ins Leben gerufen. Das fußt auf der Teilnahme an einem Qualitätsring Radiologie, aus dem heraus es Rückmeldung gibt zur Bildqualität und möglichen Verbesserungen durch Anpassung der Einstellungen.
Das begrüßte Schlemmer sehr, betonte aber, dass es immer noch keine definierten Qualitätsstandards für die Methode wie bei der Mammographie gibt. Er empfiehlt, dass sich Radiologen am besten alle paar Wochen mit Pathologen und Zuweisern kurzschließen sollten, um sich darüber auszutauschen, wie die weitere Abklärung geklappt hat und was beispielsweise an der Befundberichterstattung verbessert werden kann.