Corona-Splitter der KW 14/2021
Deutlich mehr Kinder infiziert als vermutet
In der zweiten Pandemiewelle haben sich offenbar drei- bis viermal mehr Kinder in Bayern mit SARS-CoV-2 infiziert, als über PCR-Tests erkannt wurden. Außerdem bestätigt eine Studie die hohe Gefährdung von Nierenkranken bei COVID-19.
Veröffentlicht:Update vom 9. April
Während der zweiten Corona-Welle waren drei- bis viermal mehr Kinder in Bayern mit SARS-CoV-2 infiziert, als über PCR-Tests gemeldet. Das berichtet das Helmholtz Zentrum München. Die Daten stammen aus der Fr1da-Erhebung, bei der in Bayern seit einigen Jahren Blutproben von Kindern auf Anzeichen eines Frühstadiums von Typ-1-Diabetes gescreent werden. Seit 2020 werden die Proben auch auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht. „Das ist wahrscheinlich zum Teil auf asymptomatische Fälle im Kindesalter zurückzuführen“, wird Studienautor Dr. Markus Hippich in einer Mitteilung des Helmholtz Zentrums zitiert. Der Anteil der Kinder ohne Symptome unter den antikörperpositiven Kinder lag bei den Vorschulkindern bei 68,0 Prozent, bei den Schulkindern bei 51,2 Prozent. Bei der Studie kam zudem heraus, dass am Ende der zweiten Infektionswelle etwa achtmal mehr Kinder Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet hatten als am Ende der ersten Welle (Med 2021; online 3. April).
Eine aktuelle Studie bestätigt das hohe Hospitalisierungs- und Mortalitätsrisiko für Nierenpatienten, die sich mit SARS-CoV-2 infizieren. Demnach ist das Risiko für eine Hospitalisierung aufgrund von COVID-19 für Nierenkranke, die Dialysen benötigen, 40-mal höher als das der Normalbevölkerung. Ein weiteres Ergebnis der Analyse: Die COVID-19-Pandemie erhöhte das Mortalitätsrisiko von Patienten, die eine Dialyse benötigen, um 17 Prozent, und um 30 Prozent für Nierentransplantierte. In Deutschland sind chronisch Nierenkranke und Personen nach Organtransplantion bekanntlich in der COVID-19-Impfkategorie „Hohe Priotität“ eingestuft (J Am Soc Nephrol 2021; online 8. Februar).
Update vom 8. April
Ein MIS-C („Multisystem Inflammatory Syndrome in Children“) tritt häufig bei Kindern auf, die zuvor keine oder lediglich leichte COVID-19-Symptome hatten. Das berichten Wissenschaftler der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention, die Daten von 1733 Kindern und jungen Erwachsenen bis 20 Jahren analysiert haben, die von März 2020 bis Januar 2021 wegen MIS-C in US-Kliniken behandelt worden waren. 75 Prozent der Patienten mit MIS-C waren zuvor asymptomatisch oder nur mild symptomatisch an COVID-19 erkrankt. Das Multiinflammations-Syndrom trat dabei meist zwei bis fünf Wochen nach SARS-CoV-2-Infektion auf – also dann, wenn die Antikörperproduktion das Maximum erreicht hat. Unklar ist, warum gerade Kinder und zum Teil auch junge Erwachsene ein MIS-C entwickeln. Die Studie zeigt zudem, dass das seltene Syndrom häufig sehr schwer verläuft: 58,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen mussten auf einer Intensivstation behandelt werden. Bei vielen von ihnen gab es kardiale Beeinträchtigungen: bei 54 Prozent wurde von Hypotonie oder Schock berichtet, bei 31 Prozent von Fehlfunktionen des Herzens. Auch Perikardergüsse (bei 23,4 Prozent) und Myokarditiden (bei 17,3 Prozent) wurden relativ häufig angegeben (JAMA Pediatrics 2021; online 6. April).
Bei Menschen, die in Folge einer COVID-19-Erkrankung an neurokognitiven Einschränkungen leiden, ist der Glukosestoffwechsel im Gehirn deutlich beeinträchtigt. Das belegen Aufnahmen von 41 COVID-19-Patienten, die an der Uniklinik Freiburg per 18FDG-PET (18F-Fluordesoxyglukose-Positronenemissions-Tomografie) gescreent wurden. Mit dem 18FDG-PET kann der Glukosestoffwechsel im Gehirn visualisiert werden. „Bei einem Großteil von Patienten, die wegen einer akuten COVID-19-Erkrankung stationär behandelt werden mussten, konnten in der subakuten Phase definierte kognitive Beeinträchtigungen festgestellt werden“, fasst Studienautor Privatdozent Dr. Jonas Hosp die Ergebnisse in einer Mitteilung der Uniklinik zusammen. „Die Befunde passen zu dem im 18FDG-PET sichtbar verminderten Glukosestoffwechsel, das bedeutet einer regionalen Leistungseinschränkung in den entsprechenden Bezirken der Großhirnrinde“ (Brain 2021; online 5. April).
Update vom 7. April
Jeder dritte COVID-19-Patient entwickelt innerhalb von sechs Monaten nach einer SARS-CoV-2-Infektion neurologische oder psychiatrische Erkrankungen. Das geht aus einer Beobachtungsstudie aus den USA mit Daten von 236.000 Patienten hervor. Am häufigsten waren Angststörungen (bei 17 Prozent) und Depressionen (bei 14 Prozent). Neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall oder Demenz waren zwar seltener als psychiatrische, insgesamt allerdings keine Seltenheit. Besonders von neurologischen Komplikationen betroffen sind den Ergebnissen zufolge Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden mussten: Sieben Prozent dieser Patienten erlitten einen Schlaganfall, zwei Prozent erkrankten innerhalb von sechs Monaten nach Infektion an Demenz. Die Forscher berichten zudem, dass neurologische und psychiatrische Erkrankungen nach COVID-19 häufiger auftreten als etwa nach einer Influenza oder anderen Atemwegserkrankungen: Das Risiko liegt demnach um 44 Prozent beziehungsweise 16 Prozent höher (Lancet Psychiatry 2021; online 6. April).
Selektionsleitlinien für Lungentransplantationen bei COVID-19-Patienten hat ein internationales Konsortium aufgestellt. Bei COVID-19 können bekanntlich schwere Lungenschäden auftreten. Weltweit haben bereits etwa 40 Menschen, deren Lunge durch COVID-19 irreversibel geschädigt war, eine Lungentransplantation erhalten, teilt die MedUni Wien mit. Von zwölf dieser Patienten berichten die Experten – darunter Wissenschaftler der MedUni Wien – nun und fassen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Als Kriterien für eine mögliche Transplantation gelten demnach: Ausschöpfung aller konservativen Therapieoptionen, keine Erholung der durch COVID-19 geschädigten Lunge trotz mindestens vierwöchiger Beatmung / ECMO-Therapie, Nachweis des fortgeschrittenen und irreversiblen Lungenschadens in mehreren aufeinanderfolgenden CT-Untersuchungen, Alter unter 65 Jahren und keine relevanten Begleiterkrankungen. Zudem müssen die Patienten für eine Lungentransplantation in einem guten körperlichen Zustand sein oder eine reelle Chance auf eine volle körperliche Rehabilitation nach der Transplantation haben (Lancet Resp Med 2021; online 31. März).
Update vom 6. April
Das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE) ist bei hospitalisierten COVID-19-Patienten bekanntlich relativ hoch. Doch haben auch COVID-19-Patienten, die nicht in einer Klinik behandelt werden müssen, ein höheres VTE-Risiko? Einer retrospektiven Kohortenstudie zufolge ist das wohl nicht der Fall. Analysiert wurden die Daten von 220.000 Patienten über 18 Jahre, die in US-Kliniken wegen COVID-19-Symptomen auf SARS-CoV-2 getestet worden waren und nicht hospitalisiert werden mussten. Rund 26.000 (elf Prozent) hatten ein positives Testergebnis. Bei ihnen lag das Risiko, innerhalb von 30 Tagen nach positiver Testung außerhalb der Klinik eine VTE zu erleiden, bei 0,8 Prozent. Bei Patienten mit negativem Testergebnis lag das Risiko bei 0,5 Prozent – kein signifikanter Unterschied. Damit zeigt sich auch: Das VTE-Risiko bei ambulanten COVID-19-Patienten ist deutlich niedriger als bei hospitalisierten Patienten (JAMA Intern Med 2021; online 5. April).
Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage nun wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier: