Das Erbe

Am Wettbewerbsstärkungs-Gesetz wird sich Schwarz-Gelb noch lange abarbeiten

Schwarz-Gelb muss mit seinen Reformplänen dort starten, wo die große Koalition aufgehört hat: beim Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG).

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

"Qualitäts- und Effizienzsteigerung durch Intensivierung des Wettbewerbs" - so hieß das regierungsamtliche Ziel der Gesundheitsreform von 2006. Die Beziehungen zwischen Patienten und Ärzten, Versicherten und Kassen, Kassen und Leistungserbringern sollten "transparenter, flexibler und noch stärker wettbewerblich" gestaltet werden. Von durchgehend mehr Wettbewerb kann beim WSG aber keine Rede sein. Vielmehr ist für die letzte Reform ein Mix aus Zentralisierung und Wettbewerbsorientierung kennzeichnend. Will sich Schwarz-Gelb nicht nur auf die Einnahmeseite der GKV - die Diskussion über die Gesundheitsprämie - konzentrieren, dann gäbe es noch viele weitere Reformbaustellen:

  • Der politisch gewollte Wettbewerb setzt die Kassenärztlichen Vereinigungen unter Druck. Nehmen Selektivverträge zwischen Kassen und Ärzteverbänden zu, werden die Körperschaften langfristig zu einer Residualgröße. KBV-Chef Dr. Andreas Köhler hat deutlich gemacht, dass er dem nicht tatenlos zusehen will.
  • Die Kassen sind mit dem einheitlichen Beitragssatz um ihren zentralen Wettbewerbsparameter gebracht, finden sich aber zwangsvereint in einem GKV-Spitzenverband wieder, der "wettbewerbsneutral" arbeiten soll. Dass es zu Reibereien zwischen Spitzenverband und großen Kassen kommen würde, war absehbar.
  • Die Privatassekuranz wird mit dem Basistarif auf schleichende Konvergenz zur GKV geschickt. Der erschwerte Wechsel von GKV zu PKV bedroht langfristig die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells.
  • Die gesetzlichen Vorgaben für die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln vernebeln, dass Entscheidungen über Ressourcenverteilungen in der GKV letztlich Wertimplikationen haben, für die nicht die Selbstverwaltung, sondern der Gesetzgeber geradestehen müsste.
  • Krankenhäuser sind für Krankenkassen noch immer eine wettbewerbsfreie Zone. Das selektive Einkaufen von Leistungen ist tabu. Mit der erweiterten Möglichkeit für Kliniken, hochspezialisierte Leistungen ambulant zu erbringen, können aber Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten von Facharzt-Praxen entstehen.
  • Die Vergütungsreform für Vertragsärzte ersetzt sektorale Budgets durch eine neue Mengensteuerung (RLV), die sich als anfällig für Fehlanreize erweist.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schluss mit der Kakofonie

Lesen Sie dazu auch: 100 Tage Rösler - wie lange währt die Freundlichkeit?

Ein Porträt Irgendwo zwischen Herkules und Sisyphus

Chronik Koalition zwischen Störfeuer und Stellungskrieg

Finanzkrise Gesundheitspolitik - der Finanzminister gibt den Takt vor

Die Konfliktfelder Baustelle Medizinbetrieb: Die heißen Eisen

Rückblick Die ersten 100 Ministertage von Ulla Schmidt

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tödlicher Einzeller im Hirn

Fallbericht: Amöbenenzephalitis nach Verzehr von rohem Fleisch?

Metaanalyse von zehn RCT-Studien

Antiemetische Therapie: Ein Tag Dexamethason genügt

Lesetipps
Eine Frau mit diversen Erkrankungen

© Sebastian / stock.adobe.com / generated AI

Diagnose-Prävalenzen

Wo Autoimmunerkrankungen besonders häufig auftreten

Verpackung des Wirkstoffs Tirzepatid (Mounjaro) mit Aufziehspritze daneben

© Olaf Kunz / stock.adobe.com

SUMMIT-Studie

Tirzepatid auch erfolgreich bei Herzinsuffizienz-Therapie