Schnellere Arzttermine

Terminservicegesetz beschlossen

Der Bundestag hat das Terminservice- und Versorgungsgesetz durchgewunken. Das Gesetz soll nach dem Willen von Gesundheitsminister Spahn den Patienten schnellere Arzttermine bescheren. Es tritt wohl schon bald in Kraft.

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Kern des Termineservice- und Versorgungsgesetzes sind Regelungen rund um die Arzttermine.

Kern des Termineservice- und Versorgungsgesetzes sind Regelungen rund um die Arzttermine.

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BERLIN. Das Termineservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist beschlossene Sache. Am Donnerstagvormittag gab der Bundestag grünes Licht. Das Gesetz soll voraussichtlich im Mai 2019 in Kraft treten und ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellte das TSVG unter die große Überschrift seines übergeordneten Anspruchs: „Bei den Patienten Vertrauen in Gesundheit und Pflege zurückgewinnen!“ Mit dem Gesetz werde eine ganze Reihe von Defiziten in der Versorgung, die in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand von Diskussionen gewesen seien, gelöst.

Eines dieser Aufregerthemen sei die Frage: Warum hat mein Nachbar, der privat versichert ist, nächste Woche einen Facharzttermin und ich als gesetzlich Versicherter erst in drei Monaten?, fragte Spahn. Nicht alle Ärzte machten diese Unterschiede, aber er werde zu oft gemacht.

Kern des TSVG seien die Regelungen rund um die Arzttermine. Für gesetzlich Versicherte werde das Dienstleistungsangebot, um an einen Arzttermin zu kommen, deutlich ausgebaut. Dazu sollen die Terminservicestellen an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr offen gehalten werden. Die KBV arbeitet zudem an Apps.

"Unser Gesundheitswesen braucht ein Update. Patienten sollen schneller Arzttermine bekommen. Sie haben auch auf dem Land Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung. Und sie verlangen zu Recht, dass wir ihnen mit digitalen Lösungen den Alltag erleichtern", betonte Spahn. "In einem lebenswichtigen Bereich wie der Gesundheitsversorgung muss der Staat funktionieren. Da besser zu werden, ist das Ziel unseres Gesetzes."

KBV kritisiert Eingriff in Praxisabläufe

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lobte in einer ersten Stellungnahme einige Ansätze des Gesetzes, kritisierte aber, dass es viele Detailregelungen gebe und massiv in den Praxisablauf eingegriffen werde.

"Noch mehr Arbeit und Leistungen kann es nur geben, wenn diese auch bezahlt werden. Diese eigentlich simple Erkenntnis ist mit dem TSVG nun erstmals von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in Gesetzesform gegossen worden. Das erkennen wir ausdrücklich an", erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, in einer Mitteilung. "Wie viel Geld mehr es am Ende sein wird, weiß heute allerdings noch niemand. Erst muss sich zeigen, ob die vielen Einzelmaßnahmen überhaupt die beabsichtigte Wirkung erzielen", führte er aus.

Aus Sicht der Ärzte wäre es besser gewesen, die Grundleistungen zu entbudgetieren anstatt komplizierte kleinteilige Regelungen zur Vergütung zu treffen. Die KBV habe hierzu exakte Berechnungen vorgelegt, betonte Gassen: "Doch offensichtlich haben in der Politik die Mehrheiten und der Mut zu diesem konsequenten Schritt gefehlt."

Der KBV-Chef kritisierte einmal mehr, dass das Gesetz massiv in den Praxisablauf eingreift. "Mehr Regeln und mehr Gängelung für den Praxisalltag bringt das Gesetz mit sich", so Gassen.

Vergütungsregeln für Ärzte noch einmal verbessert

Gegen Ende des Gesetzgebungsprozesses sind die Vergütungsregeln für Ärzte noch einmal deutlich verbessert worden. Die Ärzte hätten zu Recht angemerkt, dass es für mehr Leistungen und die Behandlung von mehr Patienten auch mehr Geld geben müsse, kommentierte Spahn diese Entwicklung.

Diese Forderungen würden mit dem TSVG zielgerichtet umgesetzt und nicht dadurch, dass pauschal alle Leistungen aus den Budgets herausgeholt würden. In der Systemlogik bedeute das Gesetz den Einstieg in den Ausstieg aus der Budgetierung.

Dieses Vorgehen wecke bei ihm die Erwartung, dass man an der „Terminfront“ zu Verbesserungen komme, sagte Spahn. Es gehe nicht zwingend darum, dass mehr Patienten behandelt würden, sondern dass sie schneller im Sprechzimmer eines Arztes landeten.

Die Einnahmen der Ärzte würden sich mit dem Gesetz um 600 bis 800 Millionen Euro im Jahr erhöhen, rechnete Spahn vor.

Der GKV-Spitzenverband hatte die Finanzwirkung der extrabudgetären Vergütung und der Geschwindigkeits-Zuschläge auf 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Die Wahrheit werde wohl in der Mitte liegen, blieb Spahn salomonisch. Es gehe zudem nicht darum, die Ärzte besser zu stellen, sondern die Versorgung zu verbessern.

Fachärzte: Dicke Kröten sind zu schlucken

Nachdem der Gesundheitsausschuss am Mittwoch den TSVG-Entwurf mit allen Änderungsvorschlägen abgenickt hatte, meldeten sich umgehend die Fachärzte zu Wort.

Die geplante Ausbudgetierung einzelner Leistungen sei positiv, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbands Fachärzte Deutschland, Lars Lindemann, den Beschluss.

Dass der Gesetzgeber mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) der Selbstverwaltung dicke Kröten zu schlucken gibt, prangern die Fachärzte gleichwohl an.

„Direkte Durchgriffsregelungen auf das Praxismanagement und in die Organisation der ärztlichen Tätigkeit in der ambulanten Versorgung nehmen die notwendigen Freiräume zur Organisation einer patientenorientierten hochwertigen Versorgung“, merkte Lindemann zu der Tatsache an, dass die Ärzte ihre Praxen künftig fünf Stunden länger für die Kassenzulassung geöffnet halten müssen und die grundversorgenden Facharztgruppen zudem fünf offene Sprechstunden für die gesetzlich Versicherten anbieten müssen.

Lauterbach happy

Der Blick von Professor Karl Lauterbach, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, Arzt und einer der Väter des Gesetzes, auf das Gesetz ist ein anderer. „Bestehende Benachteiligungen von gesetzlich Versicherten werden mit dem Gesetz beseitigt“, sagte Lauterbach am Mittwochnachmittag.

Das TSVG sei der größte Schritt Richtung Bürgerversicherung in den vergangenen zehn Jahren. Der SPD-Gesundheitsexperte stellte die Systemfrage: Wenn die Versorgungsunterschiede derart eingeebnet würden, warum brauche man dann noch zwei Systeme?

Die Behandlung neuer Patienten in einer Facharztpraxis werde künftig extrabudgetär vergütet. Stelle der Facharzt diesem Patienten einen Termin binnen 24 Stunden nach der Überweisung durch den Hausarzt zur Verfügung erhalte er einen 50-prozentigen Aufschlag auf die Versichertenpauschale, für einen Termin innerhalb einer Woche 30 Prozent und binnen eines Monats immerhin noch 20 Prozent.

Neue gesetzlich versicherte Patienten seien für Fachärzte damit „die lukrativsten Patienten überhaupt“, sagte Lauterbach. Die Wartezeiten auf Facharzttermine würden sich für gesetzlich Versicherte deutlich verkürzen.

Von Überweisungen zum Facharzt profitieren auch die Hausärzte, die für die erfolgreiche Vermittlung eines Facharzttermins künftig jeweils zehn Euro einstreichen können.

Neuer Anlauf zur flächendeckenden HzV

Lauterbach geht davon aus, dass sich das Gesundheitswesen in Deutschland durch das Gesetzespaket sogar besser stellen werde als heute. In eine Gegenrechnung zu den Mehrausgaben müssten zum Beispiel vermiedene Krankenhauskosten und weniger verschleppte Krankheiten einfließen.

In diese Gegenrechnung gehört dann auch der neue Anlauf in Richtung einer flächendeckenden hausarztzentrierten Versorgung (HzV), den die Koalition mit dem TSVG unternimmt. Bislang sind bundesweit lediglich 6,6 Millionen Patienten in die HzV eingeschrieben, die Mehrheit davon in Baden-Württemberg und Bayern.

Das Beispiel des mehrfach evaluierten Hausarztvertrages der AOK in Baden-Württemberg zeige, dass Einsparungen durch bessere Betreuung und Versorgung der Patienten möglich seien..

Damit sich nun mehr Patienten in die HZV einschreiben, sollen sie an diesen Einsparungen beteiligt werden. Für die Kassen, die ohnehin schon verpflichtet seien, Hausarztverträge aufzulegen, bedeute das keinen Aufwand. Dem Bundesversicherungsamt müssten sie ja heute schon Kosten- und Nutzenrechnungen ihrer Hausarztverträge vorlegen, argumentiert Lauterbach. (af/ths)

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 14.03.2019 um 11:27 Uhr.

Lesen Sie dazu auch: Spahns TSVG beschlossen: Koalition ist erfreut – Ärzteschaft verärgert Details: Die Kernpunkte des Termineservicegesetzes Kommentar: Ein Gesetz mit Kollateralschäden Terminservicegesetz: Letzte Chance für die Deutungshoheit

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