Kommentar
Zwickmühle Schweigepflicht
Stellt sich bei einem Arzt der Verdacht ein, ein Kind werde von seinen Eltern misshandelt, gerät er in eine Zwickmühle. Jetzt ist ein hohes Maß an Verantwortung gefragt, das Richtige zu tun.
Spricht er die Eltern darauf an, suchen die unter Umständen das Weite, bis sie einen Arzt finden, der keine peinlichen Fragen stellt. Sie nutzen die Schweigepflicht als Deckung, die Situation des Kindes bleibt prekär.
Untereinander dürfen sich Ärzte in solchen Fällen nämlich nicht verständigen. So ist die Rechtslage heute und so soll sie mit dem Bundeskinderschutzgesetz bleiben. Über den Verdacht sprechen darf der Arzt, aber nur beim Jugendamt. Er muss dann aber damit rechnen, dass die Behörde den Eltern das Kind wegnimmt.
Stellt sich heraus, dass die Diagnose "Misshandlung" falsch war, hat er einer Familie geschadet. Das soll zwar künftig nicht mehr zu juristischen Konsequenzen führen wie heute. So gut wie möglich entscheiden muss der Arzt gleichwohl.
Was spricht also dagegen, an dieser Stelle die Schweigepflicht zu entpersonalisieren und auf das Kollektiv aller Ärzte zu übertragen? Das schwächt kein Elternrecht. Aber es hilft Ärzten bei einem schwierigen Abwägungsprozess im Interesse der Kinder.
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