COVID-19-Splitter der KW 44

Sterberate bei COVID-19 deutlich gesunken

Der Anteil der Todesfälle unter schwerkranken Corona-Patienten geht stark zurück, berichten US-Forscher – und liefern auch eine Erklärung dafür. Ein Screening in Bayern zeigt eine deutlich höhere Infektionsrate bei Kindern.

Anne BäurleVon Anne Bäurle und Wolfgang GeisselWolfgang Geissel und Marco MrusekMarco Mrusek und Denis NößlerDenis Nößler Veröffentlicht:
Die Sterberate bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten ist deutlich gesunken, berichten US-Forscher.

Die Sterberate bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten ist deutlich gesunken, berichten US-Forscher.

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Update vom 30. Oktober

Die Sterberate bei schweren Verläufen von COVID-19 geht deutlich zurück, berichten Forscherteams aus den USA und England. Im Großraum New York etwa zeigt das eine Analyse des Krankenversicherers „NYU Langone Health“. Ausgewertet wurden Daten von über 5000 stationär behandelten Patienten an drei Kliniken. Waren im März noch 25,6 Prozent der Patienten gestorben, waren es im August nur noch 7,6 Prozent. Der Rückgang geht durch alle Altersgruppen. Zu den Gründen dafür wird Studienautorin Dr. Leora Horwitz in der „New York Times“ zitiert: „Wir haben kein Wundermittel, aber viele, viele kleine Verbesserung addieren sich in ihrer Wirkung. Wir wissen besser, welche Patienten eine mechanische Beatmung brauchen und nach welchen möglichen Komplikationen wir schauen müssen, etwa Thrombosen oder Nierenversagen. Wir haben gelernt, wie wir die Sauerstoffsättigung überwachen müssen, so das wir Patienten zum Beispiel rechtzeitig in die Klinik einweisen können. Und wir verstehen, dass Steroide helfen können und möglicherweise auch andere Medikamente (J Hosp Med. 2020; online 23. Oktober).

Von 12.000 Blutproben von Kindern und Jugendlichen in Bayern waren 0,87 Prozent zwischen April und Juli positiv für Antikörper gegen SARS-CoV-2, berichtet das Helmholz-Zentrum München. Das waren sechsmal mehr, als in einer Studie des Landesamts für Gesundheit. Dies deute auf eine höhere Übertragungsrate hin als in bisherigen Studien beschrieben, so das Zentrum in einer Mitteilung. Die Tests waren zusätzlich beim Screening der Kinder auf Frühformen des Typ-1-Diabetes im Rahmen des Fr1da-Projekts vorgenommen worden. Die Routineuntersuchung auf Diabetes-Antikörper ergab keine Assoziation von Diabetes und Corona-Infektion. Das Zentrum hat dabei einen neuen, zweistufigen Test-Ansatz auf SARS-CoV-2-Infektion mit hoher Spezifität verwendet: Dabei gilt das Ergebnis erst dann als positiv, wenn es Antikörper sowohl gegen die Rezeptor-Bindungsdomäne als auch gegen Nukleokapsid-Proteine gibt (Med J 2020; online 28. Oktober).

Update vom 29. Oktober

Einige schwerkranke COVID-19-Patienten bilden offenbar autoreaktive Antikörper gegen diverse körpereigene Proteine, darunter Typ-1-Interferone und Phospholipide. Dies könnte bei Überlebenden zu Autoimmunerkrankungen ähnlich der Rheumatoiden Arthritis (RA) oder dem systemischen Lupus Erythematodes führen. Forschern um Dr. Matthew C. Woodruff und Dr. Richard P. Ramonell von der Emory School of Medicine zufolge sind die Autoantikörper vermutlich eine Folge der überschießenden Immunreaktion, denn auch von anderen viralen Erkrankungen ist bekannt, dass sie deren Bildung triggern können. Das Team analysierte in einer kleinen, bisher noch nicht publizierten Studie die Daten von 52 COVID-19-Patienten im kritischen Zustand ohne zuvor bekannte Autoimmunität. Bei 44 Prozent von ihnen wurden unter anderem hohe Konzentrationen von Antinukleären Antikörpern (ANA) nachgewiesen (Titer ≥1:80), die hauptsächlich gegen Bestandteile des Zellkerns gerichtet sind. Rheumafaktoren wurden bei zehn Patienten detektiert. Möglicherweise könnten Therapeutika, die etwa bei RA eingesetzt werden, auch bei diesen Patienten eine Therapieoption sein, hoffen die Forscher (Preprint MedRxiv, online 28. Oktober).

Auch Hautmanifestationen bei COVID-19 können noch lange nach Genesung bestehen bleiben, berichten Dermatologen beim 29. Kongress der European Academy of Dermatology and Venereology. Die Forscher um Letztautorin Dr. Esther Freeman vom Massachusetts General Hospital analysierte die Daten von rund 1000 Corona-Patienten aus 39 Ländern, die von Symptomen wie Urtikaria, Frostbeulen-ähnlichen Hautveränderungen oder papulosquamösen Eruptionen berichteten. Im Schnitt hielten die Symptome zwölf Tage an, gerade bei Patienten mit Frostbeulen-ähnlichen Hautmanifestationen können die Symptome allerdings wohl über einen langen Zeitraum bestehen bleiben: So berichtete ein Patient auch 130 Tage nach seiner Genesung noch von dem Symptom (Mitteilung der European Academy of Dermatology and Venereology; online 29. Oktober).

Update vom 28. Oktober

Coronaviren sind anscheinend Meister der Mimikry. Sie tarnen sich, wie viele andere Viren auch, mit Oberflächenmolekülen, die Proteinen des menschlichen Körpers ähneln und daher vom Immunsystem nicht erkannt werden. Über 150 solcher Mimikry-Moleküle haben Forscher nun bei Coronaviren entdeckt, darunter auch solche, die Proteinen des Komplementsystems und koagulativ wirkenden Proteinen nachempfunden sind. Die Forscher vermuten, dass diese das Immunsystem in einen hyperaktiven Zustand versetzen und die typische COVID-19-Pathologie bei schweren Verläufen hervorrufen können. Die Strategie der Mimikry verfolgen Coronaviren offenbar stärker als andere Viren. In ihrem relativ kleinen einzelsträngigen RNA-Genom ist die Bauanleitung für eben jene nun gefundenen rund 150 Mimikry-Moleküle kodiert, andere Viren, etwa das Herpesvirus mit seinem doppelsträngigen DNA-Genom, haben Codes für deutlich weniger solcher Proteine, schreiben die Forscher um Dr. Gorka Lasso vom Columbia University Medical Center in New York (Cell Systems 2020; online 13. Oktober)

Update vom 27. Oktober

Nicht nur Antikörper von Rekonvaleszenten, auch deren T-Zellen könnten eine Option sein, um schwere COVID-19-Verläufe bei vulnerablen Patienten zu verhindern. Forscher aus den USA haben T-Zellen von 46 rekonvaleszenten COVID-19-Patienten im Labor vermehrt und festgestellt, dass einige von ihnen SARS-CoV-2 gezielt inaktivieren können. T-Zellen als Teil der Immunantwort auf SARS-CoV-2 sind jüngst in den Fokus geraten, da die Antikörper bei einigen COVID-19-Patienten nach Genesung relativ schnell wieder abnehmen. Künftig könnten die T-Zellen etwa Krebspatienten oder Immunsupprimierten verabreicht werden, um eine Infektion und schwere Verläufe zu verhindern, hoffen Dr. Michael Keller vom Children‘s National Hospital in Washington und seine Kollegen. Die meisten der T-Zellen waren gegen eine hochkonservierte Region im C-Terminus des Membranproteins gerichtet, was einen weiteren Ansatzpunkt neben dem viralen Spike-Protein für Impfstoffe sein könnte, schreiben die Wissenschaftler (Blood 2020; online 26. Oktober).

Deutsche Forscher haben einen Score entwickelt, um das Risiko eines Arbeitnehmers für einen schweren COVID-19-Verlauf abschätzen zu können. Einbezogen werden in den IKKA-Score die Faktoren Immunsuppression (I), Krankheitsschwere bestehender Vorerkrankungen (K), Komorbiditäten/Risikofaktoren gemäß RKI (K) und Alter (A). In diesen Kategorien werden Punktwerte je nach Ausmaß der Risikofaktoren vergeben. Das Verfahren dient als eine konkrete Entscheidungshilfe, ob und wenn ja, welche beruflichen Einsatzmöglichkeiten bestehen. Mit dem Score kann ein Abgleich mit der sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergebenden individuellen Infektionsgefährdung der Beschäftigten erfolgen und eine risikoadaptierte Einsatzmöglichkeit für besonders gefährdete Arbeitnehmer gesucht werden, heißt es in einer Mitteilung der DGAUM (ASU Zeitschrift für medizinische Prävention 2020; online 20. Oktober).

Update vom 26. Oktober

Die Betreuung kleiner Kinder birgt offenbar kein erhöhtes Risiko für eine Corona-Infektion. In einer Fall-Kontrollstudie mit 57.000 Erziehenden aus 28 US-Staaten wurde untersucht, ob Mitarbeiter, die während der ersten drei Monate der Pandemie weiter in der Betreuungseinrichtung arbeiteten, sich häufiger mit SARS-CoV-2 infizierten als Mitarbeiter, deren Einrichtung geschlossen wurde. Ergebnis: Weder in der Zahl der Infektionen noch der Zahl der Hospitalisierungen aufgrund von COVID-19 unterschieden sich beide Gruppen signifikant, berichten Forscher um Dr. Walter Gilliam von der Yale School of Medicine in New Haven. In über 90 Prozent der Betreuungseinrichtungen mussten sich sowohl Kinder als auch die Mitarbeiter täglich die Hände waschen und die Oberflächen wurden mehrmals täglich desinfiziert. In mehr als jeder dritten Einrichtung trugen die Betreuenden einen Mund-Nasen-Schutz. Insgesamt lag die Zahl der positiv getesteten oder wegen COVID-19 hospitalisierten Erziehenden bei 427 (0,7 Prozent) (Pediatrics 2020; preprint 16. Oktober).

Liebe Leser, wir fassen die Corona-Studienlage nun wöchentlich zusammen. Eine Übersicht mit allen bereits veröffentlichten COVID-19-Splittern der vergangenen Wochen und Monate finden Sie hier.

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