Patientenrechte
Grüne sehen großen Nachholbedarf
Vor drei Jahren wurde das Patientenrechtegesetz verabschiedet. Was es gebracht hat, darüber gehen die Einschätzungen auseinander - je nachdem, aus welchem Blickwinkel man das Gesetz betrachtet. Den Grünen geht es nicht weit genug.
Veröffentlicht:BERLIN. "Die Gesundheitspolitik ist derzeit weit entfernt davon, die Bedürfnisse von Patienten wirklich zu berücksichtigen", sagt Katja Dörner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Beim E-Health-Gesetz bleibe der Patienten "nur Zuschauer". Auch bei der Neuvergabe der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) an eine Gesellschaft, die auch für Krankenkassen tätig ist, sei der Patientenwille ignoriert worden.
Und bei den jüngsten Gesundheitsreformen fehle eine umfassende Qualitätsorientierung: " Die Lücke bei den niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen bleibt."
Mit dem Fachgespräch "Von Betroffenen zu Beteiligten - PatientInnen stärken und beteiligen" startete die Grünen-Fraktion kürzlich eine Veranstaltungsreihe zu den Patientenrechten im Gesundheitswesen. Beim Auftakt wurde deutlich, dass es hinsichtlich der Patientenorientierung noch einigen Handlungsbedarf gibt.
"Das Patientenrechtegesetz ist 2013 deutlich kleiner ausgefallen als wir erwartet haben", ärgerte sich Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen. Sie forderte für die Zukunft strukturelle Veränderungen, um den Einfluss der Patienten zu sichern.
Auch Jörg F. Heynemann, Fachanwalt für Medizinrecht aus Berlin, sieht im Patientenrechtegesetz keinen großen Nutzen für geschädigte Patienten. Dies liege vor allem an der "Definition eines groben Behandlungsfehlers".
Es werde eine "hundertprozentige Eindeutigkeit verlangt, die es in der Praxis kaum gibt", sagte der Jurist. Er empfahl, das "Beweismaß" auf eine "hinreichende Wahrscheinlichkeit" zu reduzieren.
Dass in gesundheitlichen Ernstfällen auch andere Wege der Konfliktlösung beschritten werden können, machte Dr. Sigrid Pilz deutlich, die in Wien die "Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft" (WPPA) leitet.
Die WPPA ist die erste Anlaufstelle, wenn es um Patientenbeschwerden geht. Kliniken in Österreich sind sogar zur Zusammenarbeit mit der WPPA verpflichtet, für niedergelassene Ärzte ist dies freiwillig.
Zentraler Auftrag ist es, Behandlungsbeschwerden zu bearbeiten und die Konflikte möglichst ohne einen Gang vors Gericht zu lösen. Denn: "Gerichtliche Verfahren sind für Patienten mit hohen Risiken verbunden - etwa bei den Kosten oder bei der Beweisführung. Viele stehen so etwas gar nicht durch", sagte Pilz. Aufgrund der registrierten Beschwerden berät die WPPA wiederum die Kliniken, wie sie Fehler vermeiden könnten.
Etwa 10.000 Kontakte verzeichnet die WPPA pro Jahr. Rund 3000 davon werden genauer überprüft. Sollte sich dabei herausstellen, dass die Haftung nicht eindeutig zugeordnet werden kann, erhält der betroffene Patient Geld aus dem "Entschädigungsfonds". "Die Wundheilungsstörung ist ein typisches Beispiel. Oft ist nicht klar, wie es zu der Infektion kam. Lag es am Arzt oder hat diese der Patient mitgebracht?"
2015 wurden 2,3 Millionen Euro ausbezahlt. Das Geld jedoch haben die Patienten selbst einbezahlt. Rund 70 Cent der Spitalsabgabe von rund elf Euro pro Krankenhaustag, die der Patient selbst trägt, fließen in den Entschädigungsfonds.