Der Standpunkt

Versprochen? Gebrochen!

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

Der Autor ist Redakteur im Ressort Gesundheitspolitik. Schreiben Sie ihm: florian.staeck@springer.com

Ein verheerendes Signal geht von den Plänen der Bundesregierung zur Gesundheitsreform aus: Wer sich an Gesetze hält, ist der Dumme. Das ist die Quintessenz der Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler, das Vergütungsniveau bei Hausarztverträgen solle auf das Honorarniveau im KV-System gesenkt werden.

Zur Erinnerung: Seit Juli 2009 gilt für gesetzliche Krankenkassen die Pflicht, ihren Versicherten eine hausarztzentrierte Versorgung anzubieten. Die überwiegende Zahl hat sich um diese Vorschrift nicht gekümmert. Noch im Koalitionsvertrag haben Union und FDP im Herbst 2009 Hausärzten grünes Licht gegeben. Ja, wir halten an dieser Versorgungsform fest und werten in drei Jahren die dann vorliegenden Ergebnisse aus.

Jetzt ist Rösler eingeknickt und tritt, ohne dass valide Zahlen über die finanziellen Folgen von Hausarztverträgen vorliegen, auf die Bremse: Die Vergütung darf für Hausärzte in Selektivverträgen nicht höher sein als im KV-System. Was das mit Wettbewerb um das bessere Versorgungskonzept zu tun hat, bleibt das Geheimnis des liberalen Gesundheitsministers.

Die Kollateralschäden dieser Entscheidung sind beträchtlich. Künftig müssen alle Akteure im Gesundheitswesen wissen: Beim Gesetzgeber gilt das gebrochene Wort. Durchgesetzt haben sich nicht die Kassen, die die Chancen einer neuen Versorgungsform erkennen und mit Ärzteverbänden gestalten wollen.

Die praktischen Folgen für Hausärzte, die an Verträgen nach Paragraf 73 b teilnehmen, sind skurril - und kaum vermittelbar. Abhängig vom Datum des Kabinettsbeschlusses der nun kommenden Reform gilt für Hausarztverträge, die bis zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig sind, die alte Rechtslage. Hat das Kabinett - vermutlich im Spätsommer - die Gesundheitsreform aber auf den Weg gebracht, gelten Hausarztverträge mit gekapptem Vergütungsniveau. Die Differenz dürfte, abhängig von der KV-Region, beträchtlich sein. So werden Hausarztverträge durch die kalte Küche als neue Versorgungsform unattraktiv gemacht. Wie hieß es noch im Koalitionsvertrag? "Vielfalt und Wettbewerb in der Versorgung". Heute wissen wir: Das war politische Lyrik.

Lesen Sie dazu auch: Weigeldt sagt Röslers Reform den Kampf an Der Standpunkt: Versprochen? Gebrochen! Bahr beim DGB: Selbstverteidigung in der Höhle des Löwen Gesundheitsökonom sieht deutlich mehr Spar-Potenziale bei Kliniken Chronologie: Dauerzoff um die Gesundheitsreform   Rösler kappt Honorar bei Hausarztverträgen Krankenkassen kritisieren Eckpunkte zur Gesundheitsreform

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Kommentare
Klaus Pfitzner 08.07.201013:05 Uhr

Systemversagen

Im täglichen klein-klein um die Verwendung von Patientenbeiträgen haben Politik und Kassen seit Jahren jede Glaubwürdigkeit und Kompetenz verloren! Entschieden wird nach politischer Couleur und Kassenlage ohne die Chancen eines wachsenden Gesundheitsmarktes zu sehen! Ärztemangel,Frustrationen,Investitionsstau und schlechter Outcome sind zwangsläufig. Wir Ärzte mühen uns ab mit Einsparungen (bis nichts mehr geht!),gründen Netze und MVZ,s-alles für die Katz!
Diejenigen, die es können, flüchten in die Arme der Ärzteversorgungen, der Rest wendet sich frustriert ab!
Das Ärztemangel in Deutschland herrscht ist zu verstehen und er wird hoffentlich zunehmen, um den Verantwortlichen klar zu machen, dass wir als freier Beruf mittelständige Unternehmen führen, die ordentliche Rahmenbedingungen auf Dauer zum Wirtschaften und zur Entwicklung brauchen!
Letztendlich wird nur eine Übernahme durch die Privatwirtschaft uns ermöglichen, entsprechende Rahmenbedingungen zu generieren, um unseren Patienten moderne Medizin zu vernünftigen Konditionen anzubieten und uns aus der Umklammerung von Politik und Kassen zu befreien!

Helmut Karsch 08.07.201009:07 Uhr

Rabulistik

Der Groll des Herrn Weigelt und seiner Getreuenschar ist nachvollziebar, da es hier um die Umsatzdelle geht, die er persönlich auch verschmerzen muß.
Ob es sich um Wortbruch handelt, darf dennoch bezweifelt werden. Denn das würde bedeuten, dass man die Entscheidung zu Hausarztverträgen nie kritisch würdigen oder hinterfragen darf. Das Verträge geschlossen werden und worden sind, deren Finanzierung aus einer Kreditvergabe von Beitragsgeldern besteht, deren Refinanzierung über Einsparung nie beweisführend realisiert wurden, ist sicher ein Teil der Wahrheit zu diesen Verträgen. Der Barmer Hausarztvertrag nach §140 SGB V hat hier sicherlich Modellcharakter.
Das man aus Gründen des persönlichen Vorteils, lautstark versucht etwas durchzusetzen ist grundsätzlich nicht verwerflich. Dazu gibt es ein viel zu ausgeprägtes Lobbying in Deutschland. Fehlende Sachargumente zu ersetzen durch Drohungen, zeigt die Dünnhäutigkeit, die durch persönlichen Betroffenheit vorliegt.

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