IfSG-Änderung
Nachträgliches Impfattest: Ärzte sind aus dem Schneider
Ärzte und Apotheker dürfen in Kürze schon digitale Impfzertifikate ausstellen. Eine Pflicht dazu wird es für sie aber nicht geben, wie der Bundestag am Donnerstagabend beschlossen hat.
Veröffentlicht:Berlin. Der Bundestag nimmt Druck von den Vertragsärzten und verteilt die Dokumentationslasten der Impf- und Testkampagne auf mehr Schultern als bislang vorgesehen. Am Donnerstagabend hat der Bundestag die Betreiber der knapp 19.000 Apotheken im Land mit ins Boot geholt.
Für Nachweise für Genesene soll nun technisch das Robert Koch-Institut zuständig sein. Das sieht eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vor, die der Bundestag am späten Donnerstagabend beschließen will.
Rund zehn Millionen Menschen sind bereits zweimal gegen COVID-19 geimpft. Bis der digitale Impfpass der Europäischen Union einsatzbereit ist, werden voraussichtlich weitere Millionen dazukommen. Bis Ende Juni will Deutschland soweit sein.
Zig Millionen Nachweise nötig
Dazu kommt eine ebenfalls in die Millionen gehende Zahl von Genesenen, die zumindest zeitweise Anspruch auf die Bescheinigung der durchgemachten COVID-Infektion haben. Sie alle hätten nach den ursprünglichen Plänen der Koalition ihre digitalen Impf- und Genesenennachweise in den Impfzentren und Arztpraxen abholen sollen.
EU-Corona-Politik
EU-Parlament und EU-Länder einigen sich auf COVID-19-Impfzertifikat
Davon ist der Gesetzgeber auf den letzten Metern abgerückt, um die ohnehin stark belasteten Praxen nicht noch weiter zu fordern. Eine Pflicht für die Praxisärzte, in den gelben Impfausweisen und künftig in den digitalen Impfzertifikaten der Europäischen Union nachträglich Impfungen gegen COVID zu bestätigen, soll tatsächlich nur dann bestehen, wenn sich Ärzte und Apotheker ausdrücklich dazu „bereit erklären“.
Diese an sich harmlos anmutenden Dokumentationsakte sind nicht trivial. Bis zu zwei Jahre Haft droht der Gesetzgeber Impf- und Testtäuschern nun an. Mit einem Jahr Haft oder Geldstrafe sollen all jene rechnen müssen, die „wissentlich“ eine unrichtige Impfdokumentation in „den Rechtsverkehr“ einbringen.
Die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hatten noch am Mittwoch davor gewarnt, den Praxen zusätzliche Bürokratiepflichten aufzuhalsen. Die Ärzte sähen sich einer „gigantischen Nachfrage“ nach Impfterminen gegenüber, der ein noch nicht ganz so befriedigendes Angebot gegenüberstehe, sagte Gassen.
In den ersten fünfeinhalb Monaten des Jahres seien mehr als 50 Millionen Impfterminanfragen über die Bereitschaftsdienstnummer 116 117 eingegangen. Über den Online-Impfterminservice seien zehn Millionen Impftermine vermittelt worden. Dafür hätten 600 Millionen Anfragen bearbeitet werden müssen.
Die KBV-Vertreter plädieren daher dafür, die Impfnachweise für das EU-Zertifikat ganz aus den Praxen herauszuhalten. Da es sich im Grunde genommen um ein „Reisedokument“ handele, könnten dies auch Bürgerämter übernehmen.
Und so steht es im Gesetz
- Paragraf 22 Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG): „Zusätzlich zu der Impfdokumentation ist auf Wunsch der geimpften Person die Schutzimpfung (...) in einem digitalen Zertifikat (COVID-19-Impfzertifikat) (...) zu bescheinigen durch die zur Durchführung der Schutzimpfung berechtigte Person oder nachträglich von jedem Arzt oder Apotheker. Die Verpflichtung (...) besteht nur, wenn eine Impfdokumentation vorgelegt wird und er sich zum Nachtrag (...) bereit erklärt hat. (...)“