Ein Nachweis für jeden geliehenen Cent
Arztpraxen, die einen Kredit benötigen, müssen künftig noch mehr Papierkram erledigen.Sonst gehen sie leer aus.
Veröffentlicht:Eine Kreditklemme im Mittelstand? Die Bankhäuser sagen immer wieder, dass es sie nicht gibt. Und eigentlich wurden auch genügend Staatsgelder zur Verfügung gestellt. Aber die Realität sieht oft anders aus.
"Die Banken haben Probleme mit ihrer Eigenkapitalunterlegung nach BASEL II, dem so genannten Kernkapital", erklärt die Medizin-Ökonomin und Rating-Analystin Ute Meyer aus Nürnberg. Denn in den Bank-Bilanzen gebe es einen hohen Wertberichtigungsbedarf und man wisse derzeit nicht, wo noch weiterer Bedarf bestehe, wann dieser aufgedeckt werde und vor allem in welcher Höhe.
Die Banken geben schärfere Regeln an Kunden weiter
Letztlich hängen bleibt es dann an den Bankkunden. Weil die Banken für jeden Kredit, den sie vergeben, genug Eigenkapitalreserven nachweisen müssen, sind sie eben sparsamer mit Krediten und verlangen von antragstellenden Freiberuflern und Unternehmen wesentlich mehr Informationen und Sicherheiten. Sollte es außerdem zu einer weiteren bankaufsichtsrechtlichen Verschärfung kommen, würde die deutsche Volkswirtschaft massiv unter einer weiter zunehmenden Kreditklemme leiden, sagt Meyer.
Und dass diese Verschärfung kommt, ist nach ihrer Auffassung sehr wahrscheinlich. Denn die Banken hätten aus der Krise noch nicht viel gelernt. Das zeige allein ein aktueller Test unter Banken der Stiftung Warentest. Das Urteil der Tester: Selbst die besten Institute erreichten bei der einfachen Frage nach einer sicheren Anlage nur ein schlechtes "Befriedigend".
Für Ärzte, die einen Kredit benötigen, heißt es daher in Zukunft noch mehr als jetzt, dass sie für jeden Cent, den sie benötigen, genau darlegen müssen, wie zukunftssicher ihr Unternehmen Arztpraxis ist. Das bedeutet zum einen, dass Arztpraxen aufgeschlüsselte Einnahmen-Überschuss-Rechnungen mindestens der letzten drei Jahre vorlegen müssen.
Und zum anderen, dass ein eigener Businessplan nahezu unumgänglich sein wird. Das bringt einiges an Arbeit, weil die Praxis sich Gedanken über ihre Ziele und Situation in folgenden Bereichen machen muss:
- Executive Summary: Eine Zusammenfassung dessen, was die Praxis in Zukunft plant und derzeit bietet.
- Dienstleistung: Welches Leistungsspektrum bietet die Praxis?
- Markt und Wettbewerb: Wie sieht die Konkurrenz aus? Wo gibt es Wachstumsmöglichkeiten?
- Marketing: Wie werden Patienten auf die Leistungen der Praxis aufmerksam gemacht?
- Geschäftsmodell: Welche Ziele setzt sich die Praxis? Welche Partnerschaften plant sie?
- Praxisführung/Personal: Welches Fachwissen ist vorhanden? Wie wird die Praxis geführt? Gibt es ein QM?
- Realisierungsfahrplan: Was wird bis wann umgesetzt? Was wurde schon umgesetzt?
- Chancen und Risiken: Wo bestehen Möglichkeiten, Zusatzeinnahmen zu generieren? Welchen Entwicklungen sollte die Praxis entgegenwirken?
- Finanzplanung: Welche kurz- und langfristigen liquiden Mittel werden benötigt? Welcher Gewinn ist zu erwarten?
Ist der Praxisinhaber auch ein Unternehmertyp?
Zusätzlich müssen sich Praxisinhaber Fragen zu ihrer "Unternehmerpersönlichkeit" gefallen lassen. Und sie müssen angeben, was genau sie mit dem Kreditgeld vorhaben.
Dass die neue Regierung die Bedingungen der Unternehmensfinanzierung verbessern und die KfW stärker als Mittelstandsbank etablieren will, wird wohl nicht viel daran ändern, dass die Banken mehr Papier-Nachweise für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit ihrer Kunden verlangen. Meyer rät Arztpraxen, auch wenn sie schon länger bestehen, ihren Businessplan möglichst genau zu erarbeiten. (reh)
- Editorial
- Krankenkassen und ihre Finanzierung I In der Wirtschaftskrise wirkt der Gesundheitsfonds wie ein Schutzschirm Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Krankenkassen und ihre Finanzierung II Ein neuer Anlauf zur Gesundheitsprämie Die Schweizer sind mit ihrer Kopfpauschale kreuzunglücklich Holländische Mischung: Prämie und nur ein Versicherungsmarkt Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Die Zukunft der PKV Aufatmen bei den Privaten - aber wie wirkt die steuergestützte GKV-Prämie? GOÄ-Novelle wird zum Machtkampf von Ärzten und PKV Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Medizinischer Fortschritt Hürden für Innovationen - wie die ambulante Medizin benachteiligt ist Mezzanine Versicherungen - Teilhabe am Fortschritt Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Vertragspolitik Koalition lässt Hausärzteverband gewähren KBV-Verträge verstauben in der Schublade Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Honorarpolitik Ein Kraftakt und viel Frustration Kommt ein Fiasko für den Osten? Immer einheitlich - KV Hamburg stöhnt unter diesem Diktat Nordrhein schaut in die Röhre, weil die RLV zu knapp sind Mehr Qualität, mehr Geld: Bayern setzt auf diese Gleichung Westfalen-Lippe - wo versickert das Geld für die Region? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Ärztliche Versorgung Wie lockt man junge Ärzte in die Hausarztpraxis auf dem Land? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Neue Versorgungsformen MVZ - Monopol für Ärzte? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Kooperation und Arbeitsteilung Berufspolitische Barrieren behindern die Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegern Delegation ja - aber wenn, dann am ehesten an die eigene MFA Wie ist die Praxis - und wo stecken die Probleme? Reha soll künftig Vortritt vor Pflege haben Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Reform der Pflege Von einem neuen Pflegebegriff sollen vor allem Demenzkranke profitieren Sparstrumpf für Pflege - wie gestrickt? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Prävention Ein Präventionsgesetz wird es mit Schwarz-Gelb wohl kaum geben Prävention - da raschelt das Papier Schulobstprogramm gescheitert Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Arzneimittelversorgung I Deregulierung, Kalkulierbarkeit, Kümmern um die Versorgung chronisch Kranker Sollen, müssen, dürfen, können - wer lichtet den Schilderwald im Arzneimarkt? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Arzneimittelversorgung II Die Weltformel für Kosten-Nutzen-Studien könnte am Ende der Wettbewerb sein Der Erfolg der Rabattverträge wird der Politik unheimlich Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Telematik Ist die Gesundheitskarte ein Auslaufmodell, oder gibt es einen Neustart 2010? Praxisabläufe kommen auf den Prüfstand Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Abbau von Bürokratie I Weniger Bürokratie ist möglich - "man müsste uns Ärzten nur vertrauen" Der tägliche Verwaltungskram kostet Praxen Milliarden Euro Bürokratieabbau im Kleinen und Lobbyarbeit im Großen Die tägliche Mühsal mit Formularen Billiger Aktionismus nützt nichts Abbau-Vorschläge: Oft wenig praxisrelevant Kollege Computer als Helfer in der Bürokratie-Falle Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Abbau von Bürokratie II Steuergeschenke gibt's nicht gratis Ein Nachweis für jeden geliehenen Cent Mehr Freiraum bei der Mitarbeiterwahl Im Ausland studiert: Jetzt fallen die Hürden für Ärzte Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Propädeutikum für Gesundheitsminister Minister Rösler ist gerüstet - jetzt kommen die schwarz-gelben Reformen
- So seh´ ich es Weihnachtswünsche für die Prominenz