Aufatmen bei den Privaten - aber wie wirkt die steuergestützte GKV-Prämie?

Existenz einstweilen gesichert, Weichen auf Wachstum gestellt. Doch das Geschäftsmodell der PKV hat offene Flanken: wenig Instrumente zur Ausgabensteuerung und Wettbewerb mit subventionierten Kassenbeiträgen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Die privaten Krankenversicherer (PKV) sehen seit der Bundestagswahl wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Das Drohpotenzial der Bürgerversicherung ist vom Tisch. Die Branche begrüßt, dass der Koalitionsvertrag sie als eigenständige und gleichberechtigte Säule erwähnt. "Mit dem Bekenntnis zum dualen System und zur privaten Krankenversicherung als Voll- und Zusatzversicherung haben wir eine andere Ausgangssituation für die nächsten vier Jahre, als wir sie vor vier Jahren hatten", sagt der Direktor des PKV-Verbandes Dr. Volker Leienbach.

Die Privatversicherer argumentieren, dass es gerade die Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung ist, die zu dem hohen Versorgungsniveau in Deutschland geführt hat. "Der Beweis muss erst noch angetreten werden, dass man in einem einheitlichen System besser versorgt wird", sagt Leienbach.

Die PKV strebt mit Ärzten Direktverträge an

Trotz der positiven Grundstimmung ist die PKV auf der Hut. Sie beobachtet die Diskussion über die geplante Pauschalprämie in der GKV genau. Wenn die Prämie niedrig ausfällt, könnte es für Gutverdienende attraktiv sein, gesetzlich versichert zu bleiben, und sich private Zusatzdeckungen zu kaufen.

Das wäre schlecht für das Hauptgeschäftsfeld Vollversicherung. "Die PKV muss sehen, dass sie in einem Prämienmodell konkurrenzfähig ist", sagt Leienbach. Genau deshalb werde es für die Branche immer wichtiger, Instrumente in die Hand zu bekommen, um die ständigen Ausgabensteigerungen in den Griff zu bekommen, etwa über Direktverträge mit Ärzten.

"Wir haben in den vergangenen Jahren ums Überleben gekämpft, jetzt haben wir in den nächsten vier Jahren die Chance, uns im Wettbewerb mit der gesetzlichen Krankenversicherung zu positionieren", sagt auch der Vorstandsvorsitzende des PKV-Marktführers Debeka, Uwe Laue. Mehr Menschen müssten die Möglichkeit erhalten, sich privat zu versichern, fordert er. "Unser Ziel ist es, den Anteil der Privatversicherten von derzeit zehn Prozent auf 20 Prozent zu steigern."

Die PKV-Unternehmen sollten in die Offensive gehen und deutlich machen, dass sie für eine qualitativ hochwertige Versorgung stehen, betont Laue. Gleichzeitig müsse klar sein, dass diese Leistungen auch ihren Preis haben, wendet sich der Debeka-Chef gegen die in der Branche nicht seltenen Minimal-Angebote. "Die PKV kann nicht der billige Jakob sein."

Angesichts der zu erwartenden Einschnitte im GKV-Leistungskatalog setzt die Branche auch auf hohe Zuwächse in der Zusatzversicherung. Dabei werden die Kooperationen zwischen PKV und Krankenkassen eine große Rolle spielen, erwartet Laue. "Wir müssen Gewehr bei Fuß stehen und sehen, wo es Bedarf gibt."

Laue begrüßt die Ankündigung der Bundesregierung, dass gesetzlich versicherte Angestellte künftig in die PKV wechseln können, wenn sie ein Jahr statt drei Jahre lang mehr als die Versicherungspflichtgrenze verdient haben. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Laue.

Leienbach hofft darauf, dass die Bundesregierung den Ausflug von Krankenkassen wie der AOK Rheinland/Hamburg in die Zusatzversicherungen ein Ende bereitet. "Wir haben die Erwartung, dass die bürgerliche Koalition die gesetzliche Krankenversicherung wieder ordnungspolitisch sauber auf ihren Gründungszweck konzentriert", sagt er. Alles, was nicht Teil der notwendigen Grundversorgung ist, gehöre in die Hände der PKV.

Ungeachtet aller Freude über die für die PKV positiven Signale der Politik müssten jetzt konkrete Taten folgen, fordert Leienbach. "Wir sind nicht ungeduldig, aber es müssen bald die ersten sichtbaren Pflöcke eingeschlagen werden". Ein erster Schritt wäre die schnelle Rücknahme der Drei-Jahres-Wartefrist für einen Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung.

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