GOÄ-Novelle wird zum Machtkampf von Ärzten und PKV
Bei der Novelle der Gebührenordnung für Ärzte droht ein Großkonflikt zwischen Ärzten und PKV-Branche. Die Versicherer wollen den starken Kostenzuwachs stoppen.
Veröffentlicht:Die stark wachsenden Leistungsausgaben bereiten privaten Krankenversicherern Kopfschmerzen. "Wir müssen den Trend der deutlichen Kostensteigerung im Interesse der Versicherten brechen", sagt der Direktor des PKV-Verbands Dr. Volker Leienbach. Große Hoffnung setzt die Branche auf die Novelle der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte.
"Der Großteil unserer Ausgaben fließt in Honorare, und auf die Honorare haben wir praktisch keinen Einfluss." In den vergangenen zehn Jahren habe die PKV Kostensteigerungen zwischen sechs und sieben Prozent erlebt. "Dieser Trend darf nicht fortgeschrieben werden." Die Prämienerhöhungen würden auf Dauer keine Akzeptanz bei Versicherten und Beihilfestellen finden.
Ärzte nutzen selten die Spanne bei Multiplikatoren
"In unseren Augen gibt es für die Kostensteigerungen keine nachvollziehbare medizinische Begründung", betont Leienbach. Er veweist auf das Labor. Nach einer Untersuchung des PKV-Verbands müssen die Privatversicherer für Laborleistungen mehr als vier Mal so viel bezahlen wie die Kassen. Zudem bemängelt die Branche, dass die Ärzte bei den Multiplikatoren die Spanne kaum nutzen, sondern in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle den 2,3-fachen Regelhöchstsatz veranschlagen. "Wir zahlen nicht nur deutlich höhere Preise als die gesetzlichen Krankenkassen, sondern wir haben auch keine Mengenbegrenzung", sagt er.
Die neue GOÄ soll für Abhilfe sorgen. Die Branche hofft auf eine Öffnungsklausel, die es den Unternehmen ermöglichen würde, mit Ärzten von der Gebührenordnung abweichende Verträge zu schließen. Genau das wollen die Ärzte verhindern. "Die Öffnungsklausel wäre eine Kriegserklärung", sagt Dr. Theodor Windhorst, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe und stellvertretender Vorsitzender des Gebührenordnungs-Ausschusses der Bundesärztekammer (BÄK). Die PKV wolle eine Preisspirale nach unten in Gang setzen, kritisiert er. "Das werden wir nicht dulden."
Sollten die Versicherer an ihrer Forderung festhalten, werde die BÄK mit dem Instrument der Abdingung kontern. Das heißt, dass die Ärzte auch andere Steigerungsfaktoren veranschlagen können als in der GOÄ vorgesehen. Die PKV könne schlecht die innovative Medizin propagieren und zugleich bei den Ärzten die Preise drücken. "Die GKV-isierung ist keine gute Werbung für die Vollversicherung", sagt Windhorst.
Nach 15-jähriger Wartezeit brauchten die Ärzte endlich eine Gebührentaxe, die ihre Leistungen sachgerecht abbildet und angemessen entlohnt, betont er. Um dem medizinisch-technischen Fortschritt Rechnung tragen zu könnten, sollte die GOÄ jährlich aktualisiert werden. Dann seien die Ärzte nicht länger gezwungen, mit unbefriedigenden Analogziffern zu arbeiten. Den weiteren Verhandlungen mit der PKV sieht Windhorst gelassen entgegen. "Wir haben noch einiges im Köcher."
- Editorial
- Krankenkassen und ihre Finanzierung I In der Wirtschaftskrise wirkt der Gesundheitsfonds wie ein Schutzschirm Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Krankenkassen und ihre Finanzierung II Ein neuer Anlauf zur Gesundheitsprämie Die Schweizer sind mit ihrer Kopfpauschale kreuzunglücklich Holländische Mischung: Prämie und nur ein Versicherungsmarkt Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Die Zukunft der PKV Aufatmen bei den Privaten - aber wie wirkt die steuergestützte GKV-Prämie? GOÄ-Novelle wird zum Machtkampf von Ärzten und PKV Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Medizinischer Fortschritt Hürden für Innovationen - wie die ambulante Medizin benachteiligt ist Mezzanine Versicherungen - Teilhabe am Fortschritt Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Vertragspolitik Koalition lässt Hausärzteverband gewähren KBV-Verträge verstauben in der Schublade Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Honorarpolitik Ein Kraftakt und viel Frustration Kommt ein Fiasko für den Osten? Immer einheitlich - KV Hamburg stöhnt unter diesem Diktat Nordrhein schaut in die Röhre, weil die RLV zu knapp sind Mehr Qualität, mehr Geld: Bayern setzt auf diese Gleichung Westfalen-Lippe - wo versickert das Geld für die Region? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Ärztliche Versorgung Wie lockt man junge Ärzte in die Hausarztpraxis auf dem Land? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Neue Versorgungsformen MVZ - Monopol für Ärzte? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Kooperation und Arbeitsteilung Berufspolitische Barrieren behindern die Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegern Delegation ja - aber wenn, dann am ehesten an die eigene MFA Wie ist die Praxis - und wo stecken die Probleme? Reha soll künftig Vortritt vor Pflege haben Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Reform der Pflege Von einem neuen Pflegebegriff sollen vor allem Demenzkranke profitieren Sparstrumpf für Pflege - wie gestrickt? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Prävention Ein Präventionsgesetz wird es mit Schwarz-Gelb wohl kaum geben Prävention - da raschelt das Papier Schulobstprogramm gescheitert Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Arzneimittelversorgung I Deregulierung, Kalkulierbarkeit, Kümmern um die Versorgung chronisch Kranker Sollen, müssen, dürfen, können - wer lichtet den Schilderwald im Arzneimarkt? Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Arzneimittelversorgung II Die Weltformel für Kosten-Nutzen-Studien könnte am Ende der Wettbewerb sein Der Erfolg der Rabattverträge wird der Politik unheimlich Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Telematik Ist die Gesundheitskarte ein Auslaufmodell, oder gibt es einen Neustart 2010? Praxisabläufe kommen auf den Prüfstand Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Abbau von Bürokratie I Weniger Bürokratie ist möglich - "man müsste uns Ärzten nur vertrauen" Der tägliche Verwaltungskram kostet Praxen Milliarden Euro Bürokratieabbau im Kleinen und Lobbyarbeit im Großen Die tägliche Mühsal mit Formularen Billiger Aktionismus nützt nichts Abbau-Vorschläge: Oft wenig praxisrelevant Kollege Computer als Helfer in der Bürokratie-Falle Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Abbau von Bürokratie II Steuergeschenke gibt's nicht gratis Ein Nachweis für jeden geliehenen Cent Mehr Freiraum bei der Mitarbeiterwahl Im Ausland studiert: Jetzt fallen die Hürden für Ärzte Aus dem Koalitionsvertrag Was nun, Herr Rösler?
- Propädeutikum für Gesundheitsminister Minister Rösler ist gerüstet - jetzt kommen die schwarz-gelben Reformen
- So seh´ ich es Weihnachtswünsche für die Prominenz